Sonntag, 11. Februar 2007

Be my Valentine...

Alle Jahre wieder, so sicher wie das „Amen“ in der Kirche, kommt er am 14. Februar, der zweitliebste Feiertag der Floristen nach dem Muttertag: der Valentinstag. Eigentlich war Valentin der Bischof von Terni, der heimlich Liebespaare nach dem christlichen Glauben getraut hat und sie mit Blumen beschenkt hat. Die von Valentin geschlossenen Ehen sollen dabei besonders glücklich gewesen sein. Soweit, so liebenswert. Das war leider nicht im Sinne des damaligen Establishments – vor allem, weil Valentin auch römische Soldaten getraut hat, die damals unverheiratet bleiben mussten – und so erging es ihm wie damals einigen seiner Zeitgenossen: er wurde enthauptet. Und allem Anschein nach hat er nach seinem Tode einige Wunder bewirkt, weswegen er zur Ehre der Altäre erhoben wurde. Soweit, so kirchengeschichtlich.

Ich erinnere mich noch an die „früheren“ Valentinstage in meinem Leben. Da haben meine Mutter und ich von meinem Vater immer Blumen geschenkt bekommen (das macht der Beste aller Väter übrigens immer noch – danke, Dad!) – was mich immer sehr gefreut hat. Als Teenie dann, als man schon einen Freund hatte, haben alle Freundinnen und andere missgünstige Wesen darauf gelauert, ob „er“ wohl mit Blumen vor der Schule stehen würde um mich abzuholen. Wenn nicht, war ich tagelang das Gesprächsthema in den Pausen und der Ruf war ruiniert. Es war also wichtig, am Valentinstag Blumen zu bekommen.

In der festen Beziehung hing der Himmel zu Beginn ohnehin ständig voll Rosen, egal ob Valentinstag oder nicht. Wenn die erste Verliebtheit dann abgekühlt ist, und der Alltag Einzug gehalten hat, fragt man sich, warum der Mann an unserer Seite nur noch am Valentinstag daran denkt, dass er mal Blumen mitbringt, und noch einige Zeit später denken wir zurück an die Zeit, als wir zum Valentinstag überhaupt noch Blumen bekommen haben. Der Valentinstag wird zunehmend bedeutungsloser.

Während bei mir der Valentinstag mehr und mehr zum non-event wird, kommt ein neuer Trend über den großen Teich geschwappt: der Valentins-Hype, und plötzlich wird es unendlich wichtig, dass man an diesem Tag möglichst viele Karten erhält – nicht die selbstgebastelte Variante, wie’s in den Staaten üblich war, sondern die selbstgekaufte – und alle möglichen Frauenzeitschriften reden uns ein, dass wir zum Valentinstag unbedingt rosenrote Fesselriemchensandalen (natürlich peep-toe) tragen müssen. Ich mein’ – hallo? Ich liebe Fesselriemchen, vor allem, wenn sie peep-toe sind, aber ab Mai, sicher nicht im Februar… Fast-Dating Agenturen veranstalten am Feiertag der Verliebten Speed-Datings, frei nach dem Motto „vielleicht wachen Sie am Valentinstag alleine auf, aber Sie müssen sicher nicht alleine schlafen gehen“. In nahezu allen Restaurants gibt es die romantische Candlelight-Dinner-Gruppenromantik-Veranstaltung, und ein „normaler“ Tisch ist an diesem Tag überhaupt nicht zu bekommen. Einige Lokale veranstalten Valentins-Parties, wo bei der Deko mit rosenroten Herzluftballons nicht gegeizt wird. Die Werbung redet uns ein, dass wir die Kreditkarten zu diesem Anlass besonders glühen lassen müssen, um dem Menschen, den wir lieben, zu beweisen, wie teuer er uns ist. Der Handel schickt Dankesgebete zum hl. Valentin, dass es gelungen ist, die Verkaufsflaute zwischen Weihnachten und Ostern endgültig abzuschaffen.

In mir drängt sich die Frage auf: sind wir wirklich nur Lemminge, die alles, was aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten kommt, kommentar- und widerspruchslos kopieren? Oder – noch trauriger – sind wir mittlerweile solche Konsumtrottel geworden, dass wir nur noch an die Liebe glauben, wenn unser Liebster für uns ein mittleres Vermögen ausgegeben hat? Müssen wir Singles uns als „Menschen zweiter Klasse“ fühlen, weil wir am romantischsten Tag des Jahres keine Verabredung haben?

Ich persönlich glaube: wenn ich einen Feiertag benötige um mich daran zu erinnern, dass in meine Beziehung Romantik gehört, dann ist die Romantik aus dieser Beziehung in Wahrheit schon lange verschwunden. Wenn ich glaube, teure Liebesbeweise notwendig zu haben, dann lasse ich eigentlich meine Zuneigung erkaufen. So betrachtet sollte man den Valentinstag wohl eher als „Romantiktodestag“ titulieren, bzw als den „Truth-day“ betrachten, an dem man erkennt, ob die Romantik schon vor langer Zeit gestorben ist.

Ich fände es viel schöner, wenn Paare jeden Tag aufs Neue feststellen, dass gerade heute wieder einer ihrer persönlichen Valentinstage ist, den sie nur mit einer besonderen Person teilen.

… und wenn ich unbedingt der Meinung bin, dass mein Leben Mitte Februar besser wird, wenn ich Blumen dubioser Herkunft in meiner Wohnung stehen habe, dann gehe ich einfach in die Blumenhandlung und kaufe sie mir selbst.

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