Games people play
Auch, wenn wir über uns immer behaupten, dass wir immer authentisch sind, in Wahrheit ist es doch so, dass wir um uns Schutzwälle aufbauen und mit unserem Gegenüber das eine oder andere Spielchen spielen. Einfach, um nicht zu viel von unserem Innersten, unseren Gedanken und unseren Gefühlen Preis zu geben. Und wie beim Pokern bemühen wir uns um ein Pokerface, damit nicht das Gesicht der Spiegel unserer Seele wird, und sagen „nein“, wenn wir doch „ja“ meinen und lavieren uns durch ein Meer an Unverbindlichkeiten, nur um selbst nicht Farbe bekennen zu müssen.
Ein Dreimäderlabend im Danieli’s in der Wiener Innenstadt. Lisa, Johanna und ich machen es uns gemütlich, flirten mit dem Kellner und unterhalten mit unseren Stories mit Sicherheit auch den Nebentisch. Nachdem wir alle Jobveränderungen und Reisepläne durchdiskutiert haben, geht es an’s Eingemachte: die liebe Liebe… Johanna berichtet von ihrem neuen Lover und wie sie ihn kennen gelernt hat, Lisa von ihrer Zerrissenheit zwischen zwei Männern. Und ich sitze am Tisch und höre mir die Geschichten an, werfe den einen oder anderen Satz ins Rennen und freue mich ansonsten an der Anwesenheit meiner Freundinnen.
Ein Gesprächsthema sind natürlich die unvermeidlichen Blind-Dates, durch die wir uns im Laufe unserer Single-Karriere durchgekämpft haben. Wir outen auch sehr rasch das Kernproblem: wenn man mit einem Mann mailt, dann macht man sich automatisch ein Bild von dem Menschen. Und je länger man mailt, umso glorreicher wird dieses Bild. Wenn man den Typen dann man „in real life“ trifft – ihm also einem Reality-Check unterzieht – dann können die wenigsten Männer mit unserer Idealvorstellung mithalten. Die große Enttäuschung ist also vorprogrammiert. Ich erzähle auch von meinen verschiedensten Blind- und Halbblind-Dates, und dass die allesamt solche Katastrophen waren, dass ich mein Profil bei Websingles mittlerweile deaktiviert habe. Johanna formuliert es sehr treffend „Es ist schwierig, weil man muss mit dem Männermaterial, das grad am Markt ist, zurecht kommen“. Schwierig ist in diesem Zusammenhang wohl die Untertreibung des Abends, es ist phantastisch, welche gestörten Typen sich in Singlebörsen herumtreiben.
Wir sprechen auch darüber, wie wir auf andere Menschen wirken, und dass wir uns oft hinter einer Mauer von Unnahbarkeit verstecken, uns aber auf der anderen Seite darüber ärgern, dass wir von den Männern nicht angesprochen werden. Ich überlege, ob ich wohl wie eine Eisprinzessin auf die Männer wirke, komme aber für mich zu dem Schluss, dass dem sicher nicht so ist – dafür bin ich zu kommunikativ und offen. Und wenn ich mit Pokern meinen Lebensunterhalt verdienen müsste, dann wäre ich schon lange verhungert, weil man in meinem Gesicht wie in einem offenen Buch lesen kann.
Irgendwann im Laufe des Abends kommt natürlich die Kernfrage „na, Julia, wie ist’s bei dir in Sachen Liebe?“. Tja, trostlos, denke ich mir. Aber ich bin natürlich keine Spielverderberin und berichte brav, dass es da sehr wohl jemanden gibt, der mir schon seit zwei Jahren nicht mehr durch den Kopf geht, dieser Mann aber eingefleischter Single ist und ich mir an seinem Panzer meine Zähnchen ausbeiße – egal, was ich auch tue, ich dringe einfach nicht durch. Und dabei habe ich aber das Gefühl, dass er auch sehr an mir interessiert ist, aber wie ich einen Schritt nach vorne mache, macht er zwei zurück und dass mich diese Situation wahnsinnig macht. Und ich für dieses Problem keine Lösung habe, denn das Universum sorgt anscheinend dafür, dass wir einander immer wieder über den Weg laufen, und jedes Mal zieht er mir von neuem den Boden unter den Füßen weg. Ich berichte sogar von einem Abend beim Heurigen mit meinem besten Freund Christian, wo er mir geraten hat „den Mann schnappen, betrunken machen, ins Bett schleppen und am nächsten Morgen vor vollendete Tatsachen stellen“ und ich gejammert habe „aber das ist ja sooooooo unromantisch…“. Nein, Plan habe ich wirklich keinen.
Johanna ist als Juristin natürlich eine gute Analytikerin. Sie lächelt mich an und meint „Kann es sein, dass du für ihn ein besonderer Mensch bist? Einer, den er ansieht und weiß‚ die spielt keine Spielchen mit mir, das wäre nicht der belanglose Zwischendurch-Fick mit der blonden Tussi von nebenan, sondern dass es etwas Ernsthaftes zwischen euch würde. Dass er, wenn er sich auf dich einlässt und seine Mauern dir gegenüber einreißt, er so verwundbar und verletzlich wäre, dass er – sollte es dann aus irgendeinem Grund doch aus sein zwischen euch – er auf das Allerschmerzhafteste auf die Schnauze fällt. Und dass er noch nicht sicher ist, ob er dieses Risiko eingehen kann.“
Noch zuhause grüble ich über diese Zeilen. Kann es das sein? Liegt es daran, dass ich zu gerade, zu offen bin und ich dieses Spielchen-Spielen so auf den Tod nicht ausstehen kann? Dass ich immer klare Verhältnisse haben möchte und es nicht scheue, darüber zu sprechen? Dass man mir am Nasenspitzel ansieht, dass ich bis über beide Ohren in diesen Mann verliebt bin? Strahle ich aus, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche als eine ernsthafte Beziehung mit ihm? Und ist es das, was ihm so Angst macht?
Das Problem dahinter ist ja, dass ich selbst nicht sehe, wie ich auf andere Menschen wirke. Ich selbst habe das – zugegeben sehr subjektive – Bild von mir, dass ich mich in der Anwesenheit meines Schwarms besonders zurück nehme, um ihn nicht zu erdrücken. Dass ich ihn den Raum bestimmen lassen möchte, der zwischen uns ist. Dass ich ihn agieren lasse und selbst nur reagiere. Aber vielleicht irre ich ja damit. Vielleicht hat er den Eindruck, dass ich wie eine Klette an ihm hänge und mit meinen vierzehntägigen Anrufen einfach nur tierisch nerve. Und dass er selbst nur zu höflich ist, um mir das zu sagen.
Ich mag diesen letzten Gedanken nicht – da ich selbst offen bin, hoffe ich, dass mir meine Mitmenschen dieselbe Offenheit entgegen bringen. Und hege die Hoffnung, dass Johannas Freund Andi recht hat, wenn er sagt „ein Mann geht nur dann mit einer Frau was trinken, wenn er Interesse an ihr hat“…
Ein Dreimäderlabend im Danieli’s in der Wiener Innenstadt. Lisa, Johanna und ich machen es uns gemütlich, flirten mit dem Kellner und unterhalten mit unseren Stories mit Sicherheit auch den Nebentisch. Nachdem wir alle Jobveränderungen und Reisepläne durchdiskutiert haben, geht es an’s Eingemachte: die liebe Liebe… Johanna berichtet von ihrem neuen Lover und wie sie ihn kennen gelernt hat, Lisa von ihrer Zerrissenheit zwischen zwei Männern. Und ich sitze am Tisch und höre mir die Geschichten an, werfe den einen oder anderen Satz ins Rennen und freue mich ansonsten an der Anwesenheit meiner Freundinnen.
Ein Gesprächsthema sind natürlich die unvermeidlichen Blind-Dates, durch die wir uns im Laufe unserer Single-Karriere durchgekämpft haben. Wir outen auch sehr rasch das Kernproblem: wenn man mit einem Mann mailt, dann macht man sich automatisch ein Bild von dem Menschen. Und je länger man mailt, umso glorreicher wird dieses Bild. Wenn man den Typen dann man „in real life“ trifft – ihm also einem Reality-Check unterzieht – dann können die wenigsten Männer mit unserer Idealvorstellung mithalten. Die große Enttäuschung ist also vorprogrammiert. Ich erzähle auch von meinen verschiedensten Blind- und Halbblind-Dates, und dass die allesamt solche Katastrophen waren, dass ich mein Profil bei Websingles mittlerweile deaktiviert habe. Johanna formuliert es sehr treffend „Es ist schwierig, weil man muss mit dem Männermaterial, das grad am Markt ist, zurecht kommen“. Schwierig ist in diesem Zusammenhang wohl die Untertreibung des Abends, es ist phantastisch, welche gestörten Typen sich in Singlebörsen herumtreiben.
Wir sprechen auch darüber, wie wir auf andere Menschen wirken, und dass wir uns oft hinter einer Mauer von Unnahbarkeit verstecken, uns aber auf der anderen Seite darüber ärgern, dass wir von den Männern nicht angesprochen werden. Ich überlege, ob ich wohl wie eine Eisprinzessin auf die Männer wirke, komme aber für mich zu dem Schluss, dass dem sicher nicht so ist – dafür bin ich zu kommunikativ und offen. Und wenn ich mit Pokern meinen Lebensunterhalt verdienen müsste, dann wäre ich schon lange verhungert, weil man in meinem Gesicht wie in einem offenen Buch lesen kann.
Irgendwann im Laufe des Abends kommt natürlich die Kernfrage „na, Julia, wie ist’s bei dir in Sachen Liebe?“. Tja, trostlos, denke ich mir. Aber ich bin natürlich keine Spielverderberin und berichte brav, dass es da sehr wohl jemanden gibt, der mir schon seit zwei Jahren nicht mehr durch den Kopf geht, dieser Mann aber eingefleischter Single ist und ich mir an seinem Panzer meine Zähnchen ausbeiße – egal, was ich auch tue, ich dringe einfach nicht durch. Und dabei habe ich aber das Gefühl, dass er auch sehr an mir interessiert ist, aber wie ich einen Schritt nach vorne mache, macht er zwei zurück und dass mich diese Situation wahnsinnig macht. Und ich für dieses Problem keine Lösung habe, denn das Universum sorgt anscheinend dafür, dass wir einander immer wieder über den Weg laufen, und jedes Mal zieht er mir von neuem den Boden unter den Füßen weg. Ich berichte sogar von einem Abend beim Heurigen mit meinem besten Freund Christian, wo er mir geraten hat „den Mann schnappen, betrunken machen, ins Bett schleppen und am nächsten Morgen vor vollendete Tatsachen stellen“ und ich gejammert habe „aber das ist ja sooooooo unromantisch…“. Nein, Plan habe ich wirklich keinen.
Johanna ist als Juristin natürlich eine gute Analytikerin. Sie lächelt mich an und meint „Kann es sein, dass du für ihn ein besonderer Mensch bist? Einer, den er ansieht und weiß‚ die spielt keine Spielchen mit mir, das wäre nicht der belanglose Zwischendurch-Fick mit der blonden Tussi von nebenan, sondern dass es etwas Ernsthaftes zwischen euch würde. Dass er, wenn er sich auf dich einlässt und seine Mauern dir gegenüber einreißt, er so verwundbar und verletzlich wäre, dass er – sollte es dann aus irgendeinem Grund doch aus sein zwischen euch – er auf das Allerschmerzhafteste auf die Schnauze fällt. Und dass er noch nicht sicher ist, ob er dieses Risiko eingehen kann.“
Noch zuhause grüble ich über diese Zeilen. Kann es das sein? Liegt es daran, dass ich zu gerade, zu offen bin und ich dieses Spielchen-Spielen so auf den Tod nicht ausstehen kann? Dass ich immer klare Verhältnisse haben möchte und es nicht scheue, darüber zu sprechen? Dass man mir am Nasenspitzel ansieht, dass ich bis über beide Ohren in diesen Mann verliebt bin? Strahle ich aus, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche als eine ernsthafte Beziehung mit ihm? Und ist es das, was ihm so Angst macht?
Das Problem dahinter ist ja, dass ich selbst nicht sehe, wie ich auf andere Menschen wirke. Ich selbst habe das – zugegeben sehr subjektive – Bild von mir, dass ich mich in der Anwesenheit meines Schwarms besonders zurück nehme, um ihn nicht zu erdrücken. Dass ich ihn den Raum bestimmen lassen möchte, der zwischen uns ist. Dass ich ihn agieren lasse und selbst nur reagiere. Aber vielleicht irre ich ja damit. Vielleicht hat er den Eindruck, dass ich wie eine Klette an ihm hänge und mit meinen vierzehntägigen Anrufen einfach nur tierisch nerve. Und dass er selbst nur zu höflich ist, um mir das zu sagen.
Ich mag diesen letzten Gedanken nicht – da ich selbst offen bin, hoffe ich, dass mir meine Mitmenschen dieselbe Offenheit entgegen bringen. Und hege die Hoffnung, dass Johannas Freund Andi recht hat, wenn er sagt „ein Mann geht nur dann mit einer Frau was trinken, wenn er Interesse an ihr hat“…
drewshine - 30. Aug, 00:38