Donnerstag, 11. Oktober 2007

Merry Christmas everyone

Alle Jahre wieder bekomme ich Ende August im Supermarkt den ersten akuten Grant-Anfall, wenn ich die erste Lieferung an Spekulatius und Lebkuchen sehe – und draußen hat’s 30 Grad oder mehr. Im Oktober, wenn wir noch den schönsten Altweibersommer genießen, wird die Vorweihnachtszeit schon konkreter, die Lebkuchenberge werden höher und die Einrichtungshäuser verschicken Kataloge mit Werbung für Kerzen und Kugeln. Diese Woche Montag hat mich Andi Knoll am Nachmittag zu Tode erschreckt, als er für einige Sekunden „Last Christmas“ von Wham angespielt hat, und die Tatsache verkündet hat, dass in 77 Tagen Weihnachten ist…

77 Tage… oder 11 Wochen… oder fast 3 Monate – es sollte doch noch mehr als genug Zeit bis zur Vorweihnachtszeit sein, aber der Handel hat nun mal beschlossen, dass das Geschäft schon beizeiten angekurbelt werden muss. Und so sehe ich schon mit leisem Grauen der vorweihnachtlichen Dauerberieselung mit den Weihnachtsklassikern im Radio und den Geschäften entgegen – irgendwie muss man ja in Weihnachtsstimmung versetzt werden, und wenn’s von alleine nicht geht, dann wendet man eben Gehirnwäsche an.

Wobei ich nicht verstehe, warum wir uns jetzt schon mit Weihnachten beschäftigen müssen, steht uns doch zuerst ein anderer amerikanischer Import ins Haus: Halloween. Vor einigen Jahren noch ein Spleen unter Verrückten, hat sich diese Sitte mittlerweile auch bei uns eingebürgert. Seit zwei Jahren gehen auch die Kinder in meinem Haus verkleidet von Wohnung zu Wohnung, läuten an den Türen und flüstern „Süßes sonst gibt’s Saures“ (wobei sie ihre Drohung bis jetzt noch nie wahr gemacht haben, nicht mal die Türmatten werden versteckt…). Von den zumeist älteren Bewohnern meines Hauses werden sie immer ziemlich verständnislos angeschaut und ich lasse sie jedes Jahr die Süßigkeitenschale, die ich für Besucher zuhause stehen habe, plündern. Ok, ich hab mich schon damit abgefunden, dass wir jetzt einen Feiertag mehr im Jahr haben, aber können wir bitteschön die Reihenfolge einhalten und erst Halloween feiern und dann mit der Vorweihnachtszeit beginnen? Wäre ja ohnehin noch mehr als nur früh genug, wenn wir mit Allerheiligen die Maronistände und den Lebkuchen täglich vor die Nase gesetzt bekämen…

Ja, die Maronistände… heuer ist mir in Heiligenstadt aufgefallen, dass der Eiskiosk nahtlos vom Maronistandl ersetzt wurde. Und im schönsten und sonnigsten Altweibersommer seit langem stehen die Menschen Anfang Oktober Schlange und kaufen Maroni, wo mir in der strahlenden Nachmittagssonne eher noch nach einem Eisbecher zumute wäre.

Und es dauert auch nicht mehr allzu lange, und dann schießen die Punschstandl’n und die Christkindlmärkte wie die Schwammerl aus dem Boden. Gab’s zu meiner Kinderzeit nur den großen Christkindlmarkt vor dem Rathausplatz, so hat sich das in den letzten 15 Jahren auch geändert, und jeder größere Platz in Wien fühlt sich berufen, einen Christkindlmarkt dort aufzustellen. Und die Tourismuswirtschaft frohlockt, denn das weihnachtlich geschmückte Wien zieht auch die Touristen magnetisch an. Und statt, dass man die „stillste Zeit des Jahres“ mit Freunden und Familie beschaulich verbringt, verfallen alle im Kollektiv in einen Konsum- und Punschrausch, sodass kein Auge trocken bleibt.

Wobei man mich bitte nicht missverstehen mag: ich mag Weihnachten. Und ich gehe auch gerne auf Christkindlmärkte. Allerdings beginnt für mich die Adventzeit, wenn ich das erste Fensterl im Adventkalender aufmachen darf – und das ist halt nun mal der 1. Dezember. Vorher nervt mich der Rummel einfach nur tierisch. Ab dem 1. Dezember trifft man mich ab und zu auf Christkindlmärkten, so um den 20. Dezember mache ich mich auf die Suche nach meinem Christbaum, und am 24. Dezember wird der Baum aufgestellt, geschmückt, die Eltern und die Omi kommen zur Jause zu mir auf Besuch und der Heilige Abend wird in aller Stille im Kreis der Familie verbracht, wo wir die Zeit miteinander einfach nur genießen und an den Kekserln knabbern.

Ich liebe es auch, am Heiligen Abend so gegen 20 Uhr auf die Straße zu gehen – es sind kaum Autos unterwegs, alles ist ruhig und still… und um Mitternacht läuten dann die Glocken zur Christmette. Diese Stille ist für mich das Beschauliche an Weihnachten. Der ganze Wirbel vorher – der bringt mich nur zum Kopfschütteln.

Aber ich bin ja grundsätzlich kein Spielverderber. Also verkünde ich die Devise des heurigen Exzesspunschens „Alle Jahre wieder und in keinem Jahr trocken“. Und wünsche heute, am 11. Oktober, allen schon eine besinnliche Vorweihnachtszeit…

Bild-4

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Geräuschdämmung
Durch Zufall über Google auf diese wunderschöne Seite...
Ing.enders (Gast) - 5. Mär, 18:13
Nachdem ich eine aktive...
Nachdem ich eine aktive Befürworterin von "Kleinvieh...
drewshine - 10. Dez, 17:52
wiove
Liebe Julia, liebe(r)? creature, lasst Euch euer Glück...
caro (Gast) - 10. Dez, 17:13
man nehme sich ein beispiel...
man nehme sich ein beispiel am kung fu panda, er sah...
creature - 10. Dez, 12:07
Du hast völlig recht,...
Du hast völlig recht, allerdings gibts halt auch viele...
drewshine - 10. Dez, 11:50
da stimme ich dir voll...
da stimme ich dir voll zu! genau darüber dachte ich...
creature - 10. Dez, 11:20
danke, laru. der text...
danke, laru. der text ist aber nicht von mir, den...
drewshine - 23. Apr, 21:38
.
mein Mitgefühl trotzdem oder deswegen wunderschöner...
Laru - 22. Apr, 15:13
hehe.. naja, also zumindest...
hehe.. naja, also zumindest so reden als würdest du...
Laru - 9. Sep, 17:18
dazu hab ich eine frage:...
dazu hab ich eine frage: wie kann ich mir zeit für...
ambi (Gast) - 8. Sep, 14:17

Worth to be read...


Antoine de Saint-Exupéry, Antoine de Saint Exupéry
Der Kleine Prinz



David Schalko
Frühstück in Helsinki


Thomas Glavinic
Das bin doch ich


Daniela Zeller, Robert Kratky, Thomas Wizany
Die ganze Wahrheit über ...



Daniel Glattauer
Gut gegen Nordwind




Mark Buchanan
Small Worlds

Deine Stimme gegen Armut

Deine Stimme gegen Armut

Suche

 

Status

Online seit 6664 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Mär, 18:13

Credits

Haftungshinweis

Ich erklären hiermit ausdrücklich, dass ich keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der hier verlinkten Seiten habe und distanziere mich ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seiten auf dieser Homepage. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.

Besucher seit 26.02.2008


Kategorie: today's quote
Kategorie: today's song
Kategorie: today's special
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development