Murphy's Gesetz
Manchmal frage ich mich, ob es in jedem Menschen einen Selbstzerstörungsknopf gibt. Einen kleinen roten Knopf, der verführerisch blinkt und uns lockt, darauf zu drücken. Das Problem mit Verlockungen ist ja, dass wir ihnen nur sehr schwer widerstehen können. Und dieser Knopf ködert uns auf diese besondere Art und Weise, denn irgendwie glauben wir ja trotzdem, dass sich dahinter der eine-Million-Euro-Jackpot verbirgt, und wenn wir drauf drücken, dann löst sich alles in Wohlgefallen auf…
Manchmal sollte man aber einfach glauben, was draufsteht: ein Selbstzerstörungsknopf ist ein Selbstzerstörungsknopf ist ein Selbstzerstörungsknopf… Aber warum stürzen wir uns immer wieder freiwillig selbst ins Verderben, wie der Lemming, der dem Abgrund entgegen läuft und auf den letzten Metern noch die Geschwindigkeit steigert, nur damit er den Absprung ja nicht verpasst?
Bei einigen Dingen weiß man im Vorfeld bereits, dass sie einem nicht gut tun, auch wenn man sie nicht ausprobiert hat. Jeder weiß, dass es schmerzt, wenn man die Hände ins Feuer hält – das muss man im Vorfeld nicht testen. Unser Selbsterhaltungstrieb hält uns davon ab, mit dem Kopf gegen eine Wand zu schlagen, uns spitze oder scharfe Gegenstände in den Körper zu rammen oder uns irgendwelche Körperteile abzuschneiden. Warum hält er uns davon ab? Weil wir dem Körper damit Schmerzen zufügen würden. Bei einigen Bereichen funktioniert dieser Selbstschutz allerdings nicht so, wie er sollte…
„Messer, Gabel, Schere, Licht,…“, ja das gilt schon alles, und wir wissen ja zum Beispiel auch, dass Alkohol schädlich ist. Dennoch gibt es so gewisse Situationen, wo wir uns freiwillig die Kante geben, einfach, um den Moment zu vergessen. Dass der Kater am nächsten Tag trotzdem da ist und erbärmlich maunzt und uns schlecht ist wie nur was, das verdrängen wir, während wir das Glas heben. Wobei grad Alkohol besonders gefährlich sein kann: er kann enthemmen, sodass wir am nächsten Tag neben einem Unbekannten aufwachen und uns fragen, wie wir in diese Situation gekommen sind (und inständig hoffen, dass das mit den Kondomen wirklich funktioniert). Er kann redselig machen, sodass wir Menschen unser Innerstes offenbaren, was wir ihnen in nüchternem Zustand nie im Leben verraten hätten (und was diese wahrscheinlich auch im betrunkensten Zustand nie von uns erfahren hätten wollen), wofür wir uns noch Wochen danach im hintersten Winkerl vor lauter Peinlichkeit verkriechen möchten. Oder er macht gefühlsduselig, indem er Liebeskummer verstärkt, und man genau den gegenteiligen Effekt von dem erzielt, was man ursprünglich geplant hat: statt wie ein Stein ins Bett zu fallen und traumlos zu schlafen, sitzt man heulend vor dem halbvollen Glas und verbraucht packerlweise die Tempos. Und hab ich schon die Übelkeit am nächsten Tag erwähnt, die biblische Ausmaße annehmen kann? Da schlägt man mit einer Klappe gleich einen ganzen Haufen Fliegen: es ist einem schlecht, man fühlt sich schlecht, und man sieht verdammt schlecht aus…
Aber die Unvernunft kann auch in anderen Bereichen lauern. Ich weiß, dass ich mit meiner Laktoseintoleranz keine Milchprodukte essen soll. … und dennoch lagern in den Tiefen meines Tiefkühlers, zwischen den eingefrorenen Zucchini und dem Weinkühler, zwei große Packungen Häagen Dazs – einfach für den Notfall. Und wenn der Notfall kommt, wo eine Frau einfach Eiscreme braucht, um ein Drama zu überwinden, dann grabe ich es aus und löffle eine große Portion Eis, auch, wenn ich ganz genau weiß, wie sehr ich das am nächsten Tag bereuen werde.
Ja, wir tun uns absichtlich weh. Wissentlich. Mit Vorsatz. Und vollem Bewusstsein. Es kommt gar nicht so weit, dass Engelchen und Bengelchen auf der Schulter sitzen und sich drum streiten, was tun. Und ich glaube auch nicht, dass auf meiner Schulter nur ein Teufelchen sitzt, der mir all die Dinge einflüstert, die ich vielleicht am nächsten oder spätestens am übernächsten Tag bereue. Eher hab ich das Gefühl, dass der kleine Engel auf meiner Schulter resigniert mit seinen Flügeln zuckt und meint „is a scho’ wurscht…“. Stellt sich nur die Frage: warum zum Henker tun wir das? Was ist der tiefere Sinn dahinter? Sind wir alle heimliche Masochisten, die verzweifelt jemanden suchen, der ihnen Schmerz zufügt, und wenn sie niemanden finden, dann fügen sie sich selbst diesen Schmerz zu? Oder sind wir schon so abgestumpft gegenüber uns selbst, dass wir uns selbst nur noch wahrnehmen, wenn es so richtig weh tut?
Ich glaube nicht, dass ich bewusst jenen Weg wähle, der mir am meisten Leid zufügt. Denn in Wahrheit sehne ich mich genauso nach dem berühmten „Friede, Freude, Eierkuchen“ wie jeder andere Mensch auch. Und ja, ich hätte auch gerne, dass der Weg dorthin nicht mit Dornen gepflastert ist, sondern mit Rosenblättern bestreut. Aber wie hat’s meine Omi früher so schön gesagt „das Leben ist kein Wunschkonzert“. Es gibt nun mal einige Dinge im Leben, für die man kämpfen muss, wenn man sie haben will. Und bei denen man sich im Vorfeld überlegen muss, welchen Einsatz man wagt, um sie zu bekommen – und ob sie diesen Einsatz auch wert sind. Es sind dies alle jene Dinge, bei denen ich – nüchtern betrachtet – sofort sagen müsste: Finger weg, Julia, das kann nur in einem Chaos enden. Und du wirst bei der Geschichte so was von tierisch auf die Schnauze fallen. Das kann einfach nicht gut gehen. Und du wirst es bereuen, dass du das versucht hast. Ja, vielleicht…
… aber vielleicht geht’s ja doch gut. Vielleicht versagt in diesem einen Fall Murphy’s Gesetz und es geht nicht schief. Es ist einfach diese Hoffnung auf die Belohnung, die mir hinterher winkt, das unglaubliche Glücksgefühl, dass es doch geklappt hat, die mich weiter nach vorne treibt. Und es mag sein, dass mein Finger dabei immer ein kleines bisschen am Selbstzerstörungsknopf vorüberschrammt. Bleibt nur zu hoffen, dass ich ihn nie drücke…
Manchmal sollte man aber einfach glauben, was draufsteht: ein Selbstzerstörungsknopf ist ein Selbstzerstörungsknopf ist ein Selbstzerstörungsknopf… Aber warum stürzen wir uns immer wieder freiwillig selbst ins Verderben, wie der Lemming, der dem Abgrund entgegen läuft und auf den letzten Metern noch die Geschwindigkeit steigert, nur damit er den Absprung ja nicht verpasst?
Bei einigen Dingen weiß man im Vorfeld bereits, dass sie einem nicht gut tun, auch wenn man sie nicht ausprobiert hat. Jeder weiß, dass es schmerzt, wenn man die Hände ins Feuer hält – das muss man im Vorfeld nicht testen. Unser Selbsterhaltungstrieb hält uns davon ab, mit dem Kopf gegen eine Wand zu schlagen, uns spitze oder scharfe Gegenstände in den Körper zu rammen oder uns irgendwelche Körperteile abzuschneiden. Warum hält er uns davon ab? Weil wir dem Körper damit Schmerzen zufügen würden. Bei einigen Bereichen funktioniert dieser Selbstschutz allerdings nicht so, wie er sollte…
„Messer, Gabel, Schere, Licht,…“, ja das gilt schon alles, und wir wissen ja zum Beispiel auch, dass Alkohol schädlich ist. Dennoch gibt es so gewisse Situationen, wo wir uns freiwillig die Kante geben, einfach, um den Moment zu vergessen. Dass der Kater am nächsten Tag trotzdem da ist und erbärmlich maunzt und uns schlecht ist wie nur was, das verdrängen wir, während wir das Glas heben. Wobei grad Alkohol besonders gefährlich sein kann: er kann enthemmen, sodass wir am nächsten Tag neben einem Unbekannten aufwachen und uns fragen, wie wir in diese Situation gekommen sind (und inständig hoffen, dass das mit den Kondomen wirklich funktioniert). Er kann redselig machen, sodass wir Menschen unser Innerstes offenbaren, was wir ihnen in nüchternem Zustand nie im Leben verraten hätten (und was diese wahrscheinlich auch im betrunkensten Zustand nie von uns erfahren hätten wollen), wofür wir uns noch Wochen danach im hintersten Winkerl vor lauter Peinlichkeit verkriechen möchten. Oder er macht gefühlsduselig, indem er Liebeskummer verstärkt, und man genau den gegenteiligen Effekt von dem erzielt, was man ursprünglich geplant hat: statt wie ein Stein ins Bett zu fallen und traumlos zu schlafen, sitzt man heulend vor dem halbvollen Glas und verbraucht packerlweise die Tempos. Und hab ich schon die Übelkeit am nächsten Tag erwähnt, die biblische Ausmaße annehmen kann? Da schlägt man mit einer Klappe gleich einen ganzen Haufen Fliegen: es ist einem schlecht, man fühlt sich schlecht, und man sieht verdammt schlecht aus…
Aber die Unvernunft kann auch in anderen Bereichen lauern. Ich weiß, dass ich mit meiner Laktoseintoleranz keine Milchprodukte essen soll. … und dennoch lagern in den Tiefen meines Tiefkühlers, zwischen den eingefrorenen Zucchini und dem Weinkühler, zwei große Packungen Häagen Dazs – einfach für den Notfall. Und wenn der Notfall kommt, wo eine Frau einfach Eiscreme braucht, um ein Drama zu überwinden, dann grabe ich es aus und löffle eine große Portion Eis, auch, wenn ich ganz genau weiß, wie sehr ich das am nächsten Tag bereuen werde.
Ja, wir tun uns absichtlich weh. Wissentlich. Mit Vorsatz. Und vollem Bewusstsein. Es kommt gar nicht so weit, dass Engelchen und Bengelchen auf der Schulter sitzen und sich drum streiten, was tun. Und ich glaube auch nicht, dass auf meiner Schulter nur ein Teufelchen sitzt, der mir all die Dinge einflüstert, die ich vielleicht am nächsten oder spätestens am übernächsten Tag bereue. Eher hab ich das Gefühl, dass der kleine Engel auf meiner Schulter resigniert mit seinen Flügeln zuckt und meint „is a scho’ wurscht…“. Stellt sich nur die Frage: warum zum Henker tun wir das? Was ist der tiefere Sinn dahinter? Sind wir alle heimliche Masochisten, die verzweifelt jemanden suchen, der ihnen Schmerz zufügt, und wenn sie niemanden finden, dann fügen sie sich selbst diesen Schmerz zu? Oder sind wir schon so abgestumpft gegenüber uns selbst, dass wir uns selbst nur noch wahrnehmen, wenn es so richtig weh tut?
Ich glaube nicht, dass ich bewusst jenen Weg wähle, der mir am meisten Leid zufügt. Denn in Wahrheit sehne ich mich genauso nach dem berühmten „Friede, Freude, Eierkuchen“ wie jeder andere Mensch auch. Und ja, ich hätte auch gerne, dass der Weg dorthin nicht mit Dornen gepflastert ist, sondern mit Rosenblättern bestreut. Aber wie hat’s meine Omi früher so schön gesagt „das Leben ist kein Wunschkonzert“. Es gibt nun mal einige Dinge im Leben, für die man kämpfen muss, wenn man sie haben will. Und bei denen man sich im Vorfeld überlegen muss, welchen Einsatz man wagt, um sie zu bekommen – und ob sie diesen Einsatz auch wert sind. Es sind dies alle jene Dinge, bei denen ich – nüchtern betrachtet – sofort sagen müsste: Finger weg, Julia, das kann nur in einem Chaos enden. Und du wirst bei der Geschichte so was von tierisch auf die Schnauze fallen. Das kann einfach nicht gut gehen. Und du wirst es bereuen, dass du das versucht hast. Ja, vielleicht…
… aber vielleicht geht’s ja doch gut. Vielleicht versagt in diesem einen Fall Murphy’s Gesetz und es geht nicht schief. Es ist einfach diese Hoffnung auf die Belohnung, die mir hinterher winkt, das unglaubliche Glücksgefühl, dass es doch geklappt hat, die mich weiter nach vorne treibt. Und es mag sein, dass mein Finger dabei immer ein kleines bisschen am Selbstzerstörungsknopf vorüberschrammt. Bleibt nur zu hoffen, dass ich ihn nie drücke…
drewshine - 20. Okt, 23:47