Samstag, 10. Februar 2007

Machtfragen

In Beziehungen ist es ja zumeist so, dass Einer der Beiden die Hosen anhat, sprich: ein Partner ist meist eher der dominante Part, und ein Partner eher der Nachgiebigere. Und diese Machtverhältnisse sind zumeist schon lange festgelegt und werden kaum hinterfragt und noch seltener verändert. Ich habe bis jetzt immer angenommen, dass die Machtverteilung in einer Beziehung durch das Zusammenraufen in der Kennenlernzeit festgelegt wird – seit gestern frage ich mich, ob ich wohl recht damit habe…

Ich treffe meinen Freund Ulrich und seine bezaubernde Freundin auf mehrere Drinks in einem sehr schrägen Lokal im 19. Bezirk - kaum zu glauben, dass der 19. in dieser Hinsicht außer zahlreichen Heurigen und ähnlichen Touristenfallen etwas zu bieten hat. Wir bestellen die Eigenkreation des Wirten, einen Drink namens „Mexiko“ (Corona mit Tequila, Limetten und Orangen – schmeckt gar nicht mal schlecht) und diskutieren über dies und das. Irgendwann nach dem ersten Drink, als der Tequila langsam zu wirken beginnt, kommen wir zu den essentiellen Themen des Lebens und wir beginnen uns über Beziehungen und die Probleme von Singles, eine Beziehung zu bekommen, zu unterhalten.

Ich stelle meine Lieblingsfrage „was meint ein Mann, wenn eine Frau fragt ‚unternehmen wir mal etwas?’ und er sagt ‚ja, gute Idee, ruf ma uns z’samm’“? Die Liebste meines Freundes meint sofort „da ist dann kein sonderlich großes Interesse vorhanden – forget him!“. Ich bin sofort geneigt, ihrer Meinung zu glauben – spiegelt sie doch exakt meine eigene Meinung zu diesem Thema wider. Dann überrascht mich Ulrich jedoch mit einigen sehr tiefsinnigen Ansichten zu diesem Thema, über die ich seitdem nachdenke.

Ulrich – seines Zeichens schon bald 36 Jahre lang ein Mann und deshalb für mich mit seinen Ansichten durchaus ein repräsentativer Vertreter seines Geschlechts – hat eine ziemlich interessante These zu diesem Thema: doch, in diesem Fall ist beim Mann sehr wohl Interesse an der Dame vorhanden. Ok, Ladies, diesen Satz müssen wir erst mal wirken lassen…

Ich versuche also, mich von meiner Überraschung zu erholen (und rekapituliere im Geiste, wie viele mögliche Beziehungen ich mir wohl schon vergeigt habe, weil ich immer die falschen Schlüsse gezogen habe – nein, für diese Berechnung bin ich eindeutig noch nicht betrunken genug) und meine „ja, aber wie ist das – melde ich mich in diesem Fall bei ihm oder warte ich, bis er mich anruft?“ Die Liebste meines Freundes ist der Meinung, dass „die Frau ruft an“ doch etwas ‚desperate’ wirkt und man gerade zu Beginn einer möglichen Beziehung dem Mann das Gefühl geben muss, dass er die Frau auch vermissen kann. ‚Kann er mich da schon vermissen, wenn wir uns erst einmal gesehen haben und er mich noch gar nicht kennt?’ frage ich mich im Stillen. Daraufhin überrascht mich Ulrich mit der Antwort „wenn du dir diese Frage stellst, hast du ihn in Wahrheit schon verloren!“. Überraschung auf den Damenrängen – große Überraschung…

Die Idee dahinter ist in Wahrheit sehr simpel: wenn frau sich die Frage stellt „soll ich ihn anrufen, oder warte ich wohl, ob er mich anruft?“ und das beliebte Spiel „wie fange ich mir Mann wohl ein?“ spielt, wird sie zunehmend unsicher und gibt ihre Macht sofort an den Mann ab. Unter den Männern ist allerdings Unsicherheit genauso groß geschrieben wie unter Frauen (gell, Mädels, das war uns neu) und es gibt viel zu viele Männer, die sich einfach nicht trauen, eine tolle Frau anzurufen. Weiters müssen wir Frauen berücksichtigen, dass ein Großteil der Männer eine so genannte „Handy-Allergie“ hat, und dass im geheimen Männerhandbuch in der Auflage aus dem Jahr 1963 auf Seite 438 der Satz „der Mann hat die Frau anzurufen“ offiziell gestrichen wurde.

Außerdem – und das ist Ulrichs' Kernaussage – finden Männer es irre sexy an einer Frau, wenn sie weiß, was sie will (nämlich ihn) und sie sich nicht davor scheut, es von ihm zu verlangen. „Du sollst dich nicht fragen ‚soll ich ihn anrufen oder warten, bis er anruft’, sondern du nimmst einfach das verdammte Telefon in die Hand, rufst ihn an und sagst ‚hey, ich gehe am Freitag am Abend weg und ich möchte, dass du mit dabei bist’.“ Einfach schon bevor überhaupt geklärt ist, ob es eine Beziehung wird oder nicht, klarstellen, dass frau die Macht nicht aus der Hand gibt, dass man auch ohne den betreffenden Mann ein tolles Leben hat und ihn definitiv nicht benötigt, sich aber dennoch freut, wenn er ein Teil dieses tollen Lebens ist.

Die Kunst dahinter ist, dass frau bei dem Anruf nicht ‚desperate’ wirkt, sondern bestimmt, nicht „wollen wir etwas unternehmen?“, sondern „ich unternehme das und ich mag, dass du dabei bist!“. Kein Frage- sondern ein Ausrufezeichen.

Viele Männer wollen nicht das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie unser Prinz sind, der am weißen Schimmel uns entgegengaloppiert und uns aus unserer verzweifelten Singlelage rettet – da sind sie schneller weg als frau „wollen wir was zusammen unternehmen?“ sagen kann. Meinem Freund zufolge finden es wahre Männer irre cool, wenn die Frau diejenige ist, die den Schimmel reitet und verwegen genug ist, das zu fordern, was sie will.

Ladies, ich weiß nicht, was ihr jetzt macht, ich geh nun jedenfalls vor den Spiegel üben…

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