Donnerstag, 1. März 2007

You can't hurry love

Die von mir sehr geschätzte und verehrte Angelika Hager, aka „Polly Adler“ hatte letztes Jahr einen genialen Satz in einer ihrer Kolumnen: „Am Ende des Tages gibt es nur eine Frage, und die lautet: kostet der Knabe Energie oder bringt er welche?“. Wieso ist es so wahnsinnig schwierig, sich zu verlieben? Warum nahezu unmöglich, sich in jemanden zu verlieben, der auch in einen selbst verliebt ist? Und warum gibt es trotzdem so viele Paare?

Ich lerne auf einer Party einen sehr netten Mann kennen. Wir unterhalten uns den ganzen Abend, lachen, tanzen, haben einfach Spaß miteinander. Und wir treffen uns sogar nach dieser Party in unregelmäßigen Abständen. Wenn er nicht bei mir ist, klopft mein Herz, ich schwärme von ihm und seinen unglaublich blauen Augen und male mir die Zukunft in den pastelligsten Farben aus. Wenn er bei mir ist… nun ja, dann ist es nett, aber irgendwie sprühen da keine Funken, die Knie werden nicht weich und ich bleibe weiterhin Herrin meiner Gedanken und finde sogar noch die Muße, seine Körpersprache zu analysieren. Bin ich verliebt in ihn?

Eines Tages kommt es, wie es kommen muss, und der Satz „ich mag dich, ich mag dich sogar sehr – können wir bitte Freunde sein“ kommt über seine Lippen. An dieser Stelle ein kleiner Tipp an die Männer: liebe Männer, ich weiß, in kitschigen Filmen wird dieser Satz verwendet und danach sind alle glücklich und zufrieden. Was euch anscheinend noch niemand gesagt hat (deshalb tue ich es hier): bei diesem Satz handelt es sich um reine Fiktion, und die Frau, die diesen Satz gesagt bekommt, wünscht sich in dieser Sekunde, dass ihr ihr stattdessen ein Messer in den Rücken rammt, das wäre nämlich ein humaneres Ende. Beziehungsweise wünscht sie sich ein Messer, um es in euren Rücken rammen zu können. Also am Besten für alle Beteiligten ist, ihr streicht diesen Satz aus eurem aktiven Wortschatz.

Ok, zurück zum Stück: bin ich nach diesem Satz verzweifelt, heart-broken und einfach schlichtweg am Ende? Nun ja, ich bin zugegeben sauer. Aber weniger, weil mir die potentielle Liebe meines Lebens durch die Lappen gegangen ist. Eher, weil ich ein bereits sicher geglaubtes Spielzeug nun doch nicht bekommen habe. Bin ich verliebt?

Eines anderen Abends laufe ich – zugegeben sehr betrunken – einem anderen Mann mit unglaublich blauen Augen (die blauen Augen häufen sich…) in die Arme und wie es in solchen Situationen gelegentlich unter Erwachsenen vorkommen mag, wache ich am nächsten Morgen nicht in meinem Bett und nicht in meiner Wohnung auf. Ich stelle fest, dass der Mann neben mir wohl sehr süß ist, aber die Situation ist irgendwie nicht „meine“, und so suche ich mein Heil in der Flucht – mit dem schalen Gedanken im Hinterkopf, dass ich sicher nicht die Erste und sicher nicht die Letzte gewesen bin, die auf diese Art und Weise seine Wohnung verlässt.

Einige Stunden später, als ich nicht mehr ganz so betrunken bin und mir nicht mehr so übel ist, rekapituliere ich die vergangenen Ereignisse und stelle fest, dass er ja eigentlich doch recht süß ist und dass der Start zugegeben nicht der verheißungsvollste ist, aber vielleicht ist er ja doch mein McDreamy… Ich investiere Unmengen an Energie, um den Kontakt wieder herzustellen, fiebere dann einem Date entgegen um hinterher festzustellen, dass ich ihn wohl nett finde, und er intelligent ist und er mich zum Lachen bringt, aber die Schmetterlinge erst wieder Stunden nach dem Date zu flattern beginnen – aber nicht währenddessen… Auch hier falle ich wieder kräftig auf die Schnauze. Bin ich verliebt?

Ja, natürlich bin ich verliebt. Aber nicht in den Mann, sondern vielmehr in die Idee, verliebt zu sein und von jemandem geliebt zu werden. Die Schmetterlinge im Bauch sind trügerische Verbündete, denn sie flattern erst, wenn’s eigentlich nichts mehr zum Flattern gibt und das vermeintliche Objekt der Begierde wieder außer Sichtweite ist. Und dennoch bin ich nicht bereit, auf die Stimme meines Körpers zu hören, sondern versuche Gefühle – sowohl bei ihm als auch bei mir - zu erzwingen. Und ich verschwende viel Energie (und natürlich auch Zeit) damit, mir diesen Mann in gewissem Sinne einzureden – der Kopf findet immer unendlich viele Gründe dafür, warum gerade eine bestimmte Person für uns „perfekt“ sein sollte (das finden auch oft Freunde – gebt es zu, ihr hasst den Satz „aber ihr würdet soooooooo toll zueinander passen“ genauso wie ich), leider ist aber der eigene Körper dann der Verräter, der nicht so mitspielt, wie er sollte.

Nüchtern betrachtet ist dieses Verhalten natürlich völlig kontraproduktiv. Und wenn ich mir einen gewissen gesunden Egoismus unterstelle, dann muss ich zugeben, dass ich mich mit dieser Vorgehensweise um das geilste aller Gefühle betrüge: dass mir ein Mensch den Atem, den Verstand und die Sinne raubt, dass mein Köper in seiner Gegenwart in Aufruhr ist, der Herzschlag beschleunigt, die Knie zittern, die Stimme stockt und ich mich hinterher dafür verfluche, dass ich keinen geraden Satz herausbekommen habe und insgeheim hoffe, dass es ihm ebenso ergangen ist und er deshalb meine vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit nicht bemerkt hat. Das Tolle an richtiger Verliebtheit ist ja, dass man tagelang ohne feste Nahrung auskommt und trotz allem regelrecht high ist – sie schenkt also Energie. Wenn man aber nur in die Verliebtheit an sich verliebt ist, dann kostet sie sehr viel davon.

Es ist wie früher vor Weihnachten: auf die besten Geschenke muss man einfach warten. Umso schöner ist dann die Bescherung, wenn man das bekommen hat, was man sich immer erträumt und erhofft hat. In diesem Sinne verordne ich mir eine große Portion Geduld.

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