Chaos
Es gibt Thesen, die besagen, dass wir uns – bevor wir geboren werden – überlegen, wen wir in diesem Leben kennen lernen wollen und was wir in diesem Leben lernen wollen, damit es uns kosmisch weiterbringt. Ich mag diesen Gedanken, weil er mich daran erinnert, dass ich in den Widrigkeiten, die mir widerfahren, etwas Positives finden kann und damit diese Widrigkeit nicht als verlorene Zeit, sondern als wertvolle Lektion sehen kann. Das ist so meine Art, alles Positiv zu sehen, und das Glas als halbvoll und nicht als halbleer zu betrachten.
Dumm ist das Ganze nur, wenn die liebe Liebe zuschlägt. Da hantelt frau sich dann mit blutendem und klopfenden Herzen von einem Date zum nächsten und versucht, den Sinn darin zu ergründen, warum es „diesmal“ schon wieder nicht geklappt hat, und die Funken, die ja definitiv sprühen, den vis-a-vis nicht in Flammen aufgehen ließen. In diesen Situationen sage ich mir immer „da ist noch etwas, das ich vorher erledigen muss, etwas, das ich noch zu lernen habe“. Das ist mein Strohhalm, an den ich mich klammere, wenn mich die Geduld verlässt und ich mit meinem Leben etwas hadere. Und mich frage, warum es bei Millionen anderen Menschen tagtäglich klappt, dass sie einander tief in die Augen schauen, ineinander versinken und sich in die Arme fallen, und ich reiße mir einen Hax’n nach dem anderen aus und komme keinen Millimeter weiter.
Ich überlege, was mir das Universum beibringen möchte: ist es tatsächlich so, dass ich „Geduld“ lernen muss, dass ich mein Mantra „Geduld du haben musst, junger Padawan, dann ein Jediritter aus dir werden wird“ bis zur letzten Faser meines Herzens verinnerlicht haben muss? Oder möchte das Universum, dass ich um diesen Mann, meinen McDreamy, aus voller Kraft kämpfe, um zu lernen, wie wertvoll es ist, wenn man mit ganzem Herzen um etwas kämpft? Und werde ich dann zum Schluss belohnt werden, oder soll ich lernen, wie man mit einer Niederlage umgeht, wenn man mit vollem Einsatz um etwas kämpft und doch nur wieder verliert?
Der risikoaverse Typ würde nun natürlich sagen „nur kein Risiko eingehen, lieber nicht zu weit ins offene Wasser vorwagen, denn da können Untiefen lauern, die dir den Boden unter den Füßen rauben“. Mit dieser Ideologie kann ich mich nicht anfreunden – wäre es ja dann in meinen Augen nur eine lauwarme Geschichte, und der Mann an meiner Seite dann nichts besonderes, sondern er wäre schlichtweg zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und ich hätte immer das Gefühl, dass ich in Wahrheit wahnsinnig ersetzbar wäre. Was, wenn dann nicht ich, sondern eine andere dort gestanden hätte? Wären wir einander dann auch begegnet? Oder wäre er dann mit dieser anderen zusammen?
Nein, ich bin da viel risikofreudiger. Oder auch schlichtweg wahnsinnig, weil ich mich immer in ein halsbrecherisches Gefühlschaos stürze, immer hoffend, dass mir die Liebe diesmal Flügel verleiht und mich fliegen lässt, und die am Ende des Tages doch nur mit platter Nase am Boden liegt, und sich fragt, warum es nicht funktioniert hat. Wo ich doch in Wahrheit auch nur auf diese Susi-und-Strolch Romantik hoffe, wo wir uns beide einen Teller Pasta teilen und einander dabei tief in die Augen blicken…
Nun ja, in meinem Fall ist es wohl kein Teller Pasta, sondern eine Platte Feuerribs. An einem Samstagabend beschließt mein Angebeteter, dass er mit mir Essen gehen möchte – natürlich nur eine Kleinigkeit. Wir sitzen im Bettelstudenten und studieren die Karte. „Hm, die Ripperl klingen gut, aber das ist recht viel“ – also schlage ich vor, dass wir uns ja die Rippchen teilen können. Bleibt nur die Frage „scharf oder nicht scharf“. Ich lache und meine „na ja, ich weiß ja nicht, wie scharf du so bist“. Diese Zote beschert mir einen breiten Grinser meines vis-a-vis, der sofort meint „ich hab mit scharf kein Problem“. Ich erwidere das Grinsen „ich auch nicht“. Also die scharfen Feuerrippchen. Wir sitzen über den Rippchen – die nicht annähernd so scharf sind wie erwartet – und plaudern weiter angeregt miteinander. Die blauen Augen, die ständig den Kontakt mit meinen Augen suchen, machen mich über die Maßen nervös, und ich bin schon keines klaren Gedankens mehr fähig, und habe langsam Angst, dass ich meine Selbstbeherrschung verliere. Also weiche ich auf Smalltalk aus, wir plaudern über dies und das und unter anderem über die Hollywood Dating Rules. Mein McDreamy kennt diese Regeln nicht, also umreiße ich kurz die, die mir im Gedächtnis geblieben sind (wie kann man auch noch klar denken, wenn man von diesen blauen Augen regelrecht hypnotisiert wird): nach einem Date ruft man am nächsten Tag nicht an, weil das verzweifelt ist, man sagt nicht als erstes „ich liebe dich“ und beim ersten Date zahlt jeder für sich, weil – wenn der Mann das Essen zahlt, es impliziert, dass er sich dafür Sex erwartet.
Irgendwann ordern wir die Rechnung. Ich krame nach meiner Geldbörse, als die Kellnerin die beliebte Frage stellt „zusammen oder getrennt“ (für die Frage könnt ich jedes Mal hintreten…). Noch bevor ich etwas sagen kann, tönt es von der vis-a-vis Seite „zusammen bitte“. Ich beginne kurz zu schimpfen „das war so aber nicht ausgemacht“. Er lächelt mich an und sagt „mag sein, aber es ist mir einfach ein Bedürfnis, dich hier und heute einzuladen“. Ich versuche mit einem „das verstößt aber massiv gegen die Hollywood Dating Rules“ zu kontern. Mein McDreamy beginnt breit zu grinsen (ich weiß genau, welche der Regeln er da gerade im Kopf hat) und sagt „ach, das war doch bloß das, wo keiner zuerst sagen darf ‚ich liebe dich’, oder?“. Sein Grinsen wird breiter. ‚Den Mutigen gehört die Welt’, denke ich und sage „na ja, war das denn heute ein Date, das wir hatten?“. Ich bekomme keine Antwort auf meine Frage, ich brauche diese Antwort auch nicht, denn sein Lächeln ist mir Antwort genug.
Wir hatten also offiziell unser erstes „richtiges“ Date. Und auch, wenn wir getrennt nachhause gefahren sind, weiß ich doch, dass sich das Kämpfen lohnen wird. Vielleicht nicht diese Woche, und vielleicht nicht nächste – aber wie heißt’s so schön „Geduld du haben musst, junger Padawan…“.
Dumm ist das Ganze nur, wenn die liebe Liebe zuschlägt. Da hantelt frau sich dann mit blutendem und klopfenden Herzen von einem Date zum nächsten und versucht, den Sinn darin zu ergründen, warum es „diesmal“ schon wieder nicht geklappt hat, und die Funken, die ja definitiv sprühen, den vis-a-vis nicht in Flammen aufgehen ließen. In diesen Situationen sage ich mir immer „da ist noch etwas, das ich vorher erledigen muss, etwas, das ich noch zu lernen habe“. Das ist mein Strohhalm, an den ich mich klammere, wenn mich die Geduld verlässt und ich mit meinem Leben etwas hadere. Und mich frage, warum es bei Millionen anderen Menschen tagtäglich klappt, dass sie einander tief in die Augen schauen, ineinander versinken und sich in die Arme fallen, und ich reiße mir einen Hax’n nach dem anderen aus und komme keinen Millimeter weiter.
Ich überlege, was mir das Universum beibringen möchte: ist es tatsächlich so, dass ich „Geduld“ lernen muss, dass ich mein Mantra „Geduld du haben musst, junger Padawan, dann ein Jediritter aus dir werden wird“ bis zur letzten Faser meines Herzens verinnerlicht haben muss? Oder möchte das Universum, dass ich um diesen Mann, meinen McDreamy, aus voller Kraft kämpfe, um zu lernen, wie wertvoll es ist, wenn man mit ganzem Herzen um etwas kämpft? Und werde ich dann zum Schluss belohnt werden, oder soll ich lernen, wie man mit einer Niederlage umgeht, wenn man mit vollem Einsatz um etwas kämpft und doch nur wieder verliert?
Der risikoaverse Typ würde nun natürlich sagen „nur kein Risiko eingehen, lieber nicht zu weit ins offene Wasser vorwagen, denn da können Untiefen lauern, die dir den Boden unter den Füßen rauben“. Mit dieser Ideologie kann ich mich nicht anfreunden – wäre es ja dann in meinen Augen nur eine lauwarme Geschichte, und der Mann an meiner Seite dann nichts besonderes, sondern er wäre schlichtweg zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und ich hätte immer das Gefühl, dass ich in Wahrheit wahnsinnig ersetzbar wäre. Was, wenn dann nicht ich, sondern eine andere dort gestanden hätte? Wären wir einander dann auch begegnet? Oder wäre er dann mit dieser anderen zusammen?
Nein, ich bin da viel risikofreudiger. Oder auch schlichtweg wahnsinnig, weil ich mich immer in ein halsbrecherisches Gefühlschaos stürze, immer hoffend, dass mir die Liebe diesmal Flügel verleiht und mich fliegen lässt, und die am Ende des Tages doch nur mit platter Nase am Boden liegt, und sich fragt, warum es nicht funktioniert hat. Wo ich doch in Wahrheit auch nur auf diese Susi-und-Strolch Romantik hoffe, wo wir uns beide einen Teller Pasta teilen und einander dabei tief in die Augen blicken…
Nun ja, in meinem Fall ist es wohl kein Teller Pasta, sondern eine Platte Feuerribs. An einem Samstagabend beschließt mein Angebeteter, dass er mit mir Essen gehen möchte – natürlich nur eine Kleinigkeit. Wir sitzen im Bettelstudenten und studieren die Karte. „Hm, die Ripperl klingen gut, aber das ist recht viel“ – also schlage ich vor, dass wir uns ja die Rippchen teilen können. Bleibt nur die Frage „scharf oder nicht scharf“. Ich lache und meine „na ja, ich weiß ja nicht, wie scharf du so bist“. Diese Zote beschert mir einen breiten Grinser meines vis-a-vis, der sofort meint „ich hab mit scharf kein Problem“. Ich erwidere das Grinsen „ich auch nicht“. Also die scharfen Feuerrippchen. Wir sitzen über den Rippchen – die nicht annähernd so scharf sind wie erwartet – und plaudern weiter angeregt miteinander. Die blauen Augen, die ständig den Kontakt mit meinen Augen suchen, machen mich über die Maßen nervös, und ich bin schon keines klaren Gedankens mehr fähig, und habe langsam Angst, dass ich meine Selbstbeherrschung verliere. Also weiche ich auf Smalltalk aus, wir plaudern über dies und das und unter anderem über die Hollywood Dating Rules. Mein McDreamy kennt diese Regeln nicht, also umreiße ich kurz die, die mir im Gedächtnis geblieben sind (wie kann man auch noch klar denken, wenn man von diesen blauen Augen regelrecht hypnotisiert wird): nach einem Date ruft man am nächsten Tag nicht an, weil das verzweifelt ist, man sagt nicht als erstes „ich liebe dich“ und beim ersten Date zahlt jeder für sich, weil – wenn der Mann das Essen zahlt, es impliziert, dass er sich dafür Sex erwartet.
Irgendwann ordern wir die Rechnung. Ich krame nach meiner Geldbörse, als die Kellnerin die beliebte Frage stellt „zusammen oder getrennt“ (für die Frage könnt ich jedes Mal hintreten…). Noch bevor ich etwas sagen kann, tönt es von der vis-a-vis Seite „zusammen bitte“. Ich beginne kurz zu schimpfen „das war so aber nicht ausgemacht“. Er lächelt mich an und sagt „mag sein, aber es ist mir einfach ein Bedürfnis, dich hier und heute einzuladen“. Ich versuche mit einem „das verstößt aber massiv gegen die Hollywood Dating Rules“ zu kontern. Mein McDreamy beginnt breit zu grinsen (ich weiß genau, welche der Regeln er da gerade im Kopf hat) und sagt „ach, das war doch bloß das, wo keiner zuerst sagen darf ‚ich liebe dich’, oder?“. Sein Grinsen wird breiter. ‚Den Mutigen gehört die Welt’, denke ich und sage „na ja, war das denn heute ein Date, das wir hatten?“. Ich bekomme keine Antwort auf meine Frage, ich brauche diese Antwort auch nicht, denn sein Lächeln ist mir Antwort genug.
Wir hatten also offiziell unser erstes „richtiges“ Date. Und auch, wenn wir getrennt nachhause gefahren sind, weiß ich doch, dass sich das Kämpfen lohnen wird. Vielleicht nicht diese Woche, und vielleicht nicht nächste – aber wie heißt’s so schön „Geduld du haben musst, junger Padawan…“.
drewshine - 30. Sep, 21:58
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