Samstag, 5. Mai 2007

Outing

Wenn ich meine Freunde fragen würde, wie sie mich sehen, würde wahrscheinlich genannt werden: lieb, witzig, loses Mundwerk, ist für jede Blödheit zu haben und gibt zuviel Geld für teure Schuhe aus. Vielleicht unterstellt mir der Eine oder Andere noch einen brauchbaren Musikgeschmack oder sonst eine Nettigkeit. Nach außen hin bin ich also eine coole Singlefrau. Diesen meinen Freunden muss ich heute ein Geständnis machen, ich hoffe, sie sind so großmütig und haben mich hinterher immer noch lieb – na ja, ich glaube schon, dass meine Freunde mich auch mit oder vielleicht sogar trotz meiner Fehler lieben.



Ich hab mir das Finale von „Dancing Stars“ angeschaut. Ich habe mit Paar Nummer 9 mitgefiebert und mitgezittert. Und ich habe eifrig mitgevotet. Mit beiden Handies….

Bis zum gestrigen Abend war ich ein absoluter ORF-Eigenproduktionsshows-Verweigerer - und stolz darauf! „Taxi Orange“ – geh bitte… wie peinlich ist das denn? „Starmania“ – bis jetzt hab ich nicht eine Folge davon gesehen. Einfach, weil ich nicht glaube, dass wahre Talente bei Casting-Shows gewinnen (und siehe, die Geschichte gibt mir Recht: Die Einzige, an die man sich von der ersten Staffel noch erinnert, ist Christina Stürmer – und die hat damals nicht gewonnen…). Ja, stimmt, den Lukas Perman aus der ersten Staffel hab ich in Romeo und Julia gesehen – der war aber nicht das Highlight des Musicals (das waren eher die tanzenden Sixpacks). Und „Dancing Stars“? Wenn ein Toni Polster in der ersten Staffel mit Grundschritten ins Finale kommt, nur weil seine diversen Fanclubs immer so eifrig mitvoten und es nicht aufs tänzerische Können ankommt, dann interessiert mich so etwas nicht. Denn dafür schlägt mein Herz zu sehr für’s Tanzen, schließlich habe ich ja auch so was wie die „kleine Matura“ (Absolvierung von 8 Schulstufen + 1 Jahr Tanzschule) gemacht. Außerdem habe ich mich insgeheim gefragt, nach welchen Kriterien der ORF die Teilnehmer an dieser Show ausgewählt hat. Nein, das ist definitiv nichts, was mich interessieren könnte.

Besonders genervt hat mich aber der Medien-Hype um diese Show: alle möglichen Zeitschriften zerreißen sich das Maul darüber, wer mit wem und ob’s zwischen irgendwelchen Paaren gefunkt hat – als ob mich interessieren würde, mit wem eine ehemalige Songcontest-Teilnehmerin ins Bett geht, um ihre kränkelnde Karriere wieder anzukurbeln. Was ich am Rande mitbekommen habe, ist, dass Peter L. Eppinger – Radiomoderator vom Ö3 Wecker – mittanzt. „Naja“ dachte ich mir „den armen Kerl werden’s zwangsrekrutiert haben, der hackelt ja für den ORF und wenn nicht genügend Promis mitmachen, werden sie halt das Personal verpflichten.“

Ich mag Eppinger – ist er doch jener Mann, mit dem ich morgens am Liebsten aufstehe (welcher Mann könnte das sonst von sich behaupten). Vielleicht ist ein Robert Kratky bei den Hörern populärer, aber in meiner Brust schlägt einfach ein Wiener Herz und ich kann mich für den zuag’rasten Charme eines Salzburgers einfach nicht so erwärmen (sorry, Robert, dafür steht dein Buch in meiner Leseliste). Mir ist schon klar, dass Österreich nicht an der Wiener Stadtgrenze endet und dass ein überregionaler Radiosender aus verschiedenen Bundesländern Moderatoren braucht, aber mir liegt der Ottakringer Schmäh halt um einiges mehr. Und ich habe mit Eppinger sogar etwas gemeinsam – er ist genauso Wassermann im Sternzeichen wie ich, klar, dass er mir da symphatisch ist. Aber deswegen „Dancing Stars“ anschauen? Naaaaaa…….

Meine Eltern hingegen sind Dancing-Stars-Fans der allerersten Stunde und schwärmen mir beim letzten Sonntagsessen vom Paso Doble vor, den der Eppi mit seiner Partnerin auf’s Parkett gelegt hat. Und dass dieses Paar zum allerersten Mal in der Geschichte von „Dancing Stars“ vor dem Finale die volle Punkteanzahl von der Jury bekommen hat. Da die Neugierde bekanntlich ein Hund ist und ich an besagtem Final-Freitag eh nichts Besseres vorhabe, mache ich es mir vor dem Fernseher bequem – umschalten kann ich ja immer noch… Nach Umschalten war mit aber nicht lange zumute, denn der Quickstep, den Peter L. mit seiner Partnerin Julia aufs Parkett gezaubert hat, macht mich kurz sprachlos. Gerade, als ich immer noch mit offenem Mund vor dem Fernseher sitze, klingelt mein Handy – Caro dran. „Was machst grad?“ fragt sie. Ich bin noch immer völlig beeindruckt von der Darbietung, die ich gerade gesehen habe und antworte „ich schau’ grad das Finale von ‚Dancing Stars’ – und ich hab mich soeben in den Peter L. Eppinger verliebt…“. Caro lacht auf der anderen Seite kurz und sagt nur „na perfekt für dich, der ist eh Single“. Sie persönlich fände es besser, wenn der Klaus Eberhartinger gewinnt.

Und so geschieht mit mir, was ich nie für möglich gehalten hätte: ich drücke mir die Daumen blau und vote via Handy eifrig mit – auf meiner nächsten Telefonrechnung wird mir Paar Nummer 9 entgegenlachen…

… leider hat all mein Einsatz nichts gefruchtet, und Peter L. ist mit seiner Partnerin Julia nur Zweiter geworden. Und – wieder sehr beeindruckend – er hat das von der sportlichen Seite her genommen und hat wahre Größe bewiesen, indem er sich für das Siegerpaar von ganzem Herzen gefreut hat.

Mein Ego hat an diesem Abend einen tiefen Schlag hinnehmen müssen – nix mit cooler Singlefrau, die über solchen Dingen steht, nein, ich bin doch ein Lemming, der mit der großen Masse der Österreicher mitläuft. Diese Schmach werde ich nur mit einem leckeren Cocktail wegstecken können – wie schaut’s aus, Peter, magst mitkommen?

Freitag, 4. Mai 2007

Gute Mädchen kommen in den Himmel...

... böse überall hin. So lautet der Titel eines sehr populären Buches. Die Autorin Ute Erhardt beschreibt darin sehr anschaulich, dass Frauen oft Opfer der Erziehung sind, und sich mit ihrer Bescheidenheit und ihren Prinzipien selbst im Weg stehen. Kleinen Mädchen wird beigebracht, dass man sie lieber hat, wenn sie lieb und nett sind und das tun, was man ihnen sagt. Die erwachsene Frau verfolgt diesen Weg natürlich weiter, denn wenn einen die Eltern geliebt haben, wenn man lieb und nett und folgsam ist, dann wird das als Erwachsener ja auch so funktionieren. Und wenn frau dann mal nicht ganz so brav ist, wie sie es gelernt hat, dann regt sich immer das schlechte Gewissen in unserem Innersten.

Bin ich ein gutes Mädchen? Ja, ich denke, dass ich das mit gutem Gewissen von mir behaupten kann. Gewiss, ich kann einen gewissen Hang zu Sarkasmus und Zynismus nicht leugnen. Es geht aber nicht so weit, dass ich bewusst andere Leute kränke oder verletze. Ich versuche, mich im Job hinaufzuarbeiten und mit Leistung zu glänzen und greife nicht zu unlauteren Mitteln wie Ellenbogentechnik oder „raufschlafen“. Ich bemühe mich, meine Launen nicht an meiner Umwelt auszulassen, immer und überall „politisch korrekt“ zu sein und niemanden wegen seiner Interessen und Vorlieben zu diskriminieren. Einfach ein Mensch sein, den ich mag – damit ich in der Früh mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen kann und mich nicht vor der Fratze ängstige, die mir entgegen grinst. Und mit zengleichem Edelmut sagen können „wenn mir dies-und-das bestimmt ist, dann werde ich es auch bekommen oder erreichen“. Und wenn’s nicht klappt, dann war mir das einfach nicht bestimmt. Den felsenfesten Glauben vertreten, dass das Universum mich doch ein bisschen liebt und weiß, was gut für mich ist...

Diese Einstellung verträgt sich natürlich überhaupt nicht mit dem schlauen Satz „hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“. Und manchmal gibt es so Situationen, wo ich am Scheideweg stehe und mich frage „gut oder doch besser böse“?

Freitagabend, und ich bin unterwegs... Nein, nicht auf der Suche nach Amüsement und zügellosem Sex, wie’s die Ärzte mal so schön gesungen haben. Ich bin mit meinem besten Freund Christian und seinem besten Freund unterwegs. Als Freunde des Zeichentrickfilmes haben wir uns zusammengeschlossen und uns „Corpse Bride“ angeschaut, nach dem Film ziehen wir weiter ins Bermudadreieck, um noch ein bisschen zu plauschen und den Abend zu genießen. Wobei ich auf dem Weg noch ein klitzekleines Problemchen zu lösen habe: wie’s der Volksmund so schön sagt, sind drei einer zu viel, und so aufrichtig ich Christian auch liebe, aber in dieser Situation stört er gerade ein Bisschen, und ich grüble, wie ich ihn wohl am Besten loswerden könnte – ist mir doch sein bester Freund gehörig ins Auge gestochen und der Abend wäre zu zweit sicher viel schöner...

Uns verschlägt es ins Casablanca, ein lustiges Lokal mit Livemusik und die Getränke sind auch durchaus leistbar. Die Jungs machen es sich vis-a-vis von mir bequem und wir plaudern und machen das, was die Wiener am Liebsten machen: trinken und Schmäh’ führen... Christian trifft eine Bekannte, die sich auch zu uns an den Tisch gesellt – was die Sache für mich etwas leichter macht, denn mein heimlicher Schwarm wandert nun neben mich, damit sich die Beiden leichter unterhalten können. Hallo Schicksal! Du meinst es definitiv gut mit mir... Wir plaudern also auch angeregt, immer wieder zufällige Berührungen und bekommen es gar nicht mit, dass sich Christian mit seiner Bekannten in Richtung Bar verkrümelt. Der Sänger stimmt uralte Austropop-Songs an, wir singen natürlich lautstark mit und haben einfach irren Spaß.

Und das Schönste: ich bin mir sicher, dass ich an diesem Abend erfolgreich bin – wenn’s läuft, dann läuft’s, die Funken sprühen nur so und ich weiß „wenn ich es drauf anlegen würde, dann käme er mit mir mit nachhause“. Allerdings ist das nicht das, worauf ich es abgesehen habe, denn ich bin ja doch etwas altmodisch und ziehe es vor, den Mann etwas besser kennenzulernen, bevor... Aber vielleicht schaffe ich es ja, dass ich wenigstens einen Kuss heraushole – das wäre in meinen Augen der perfekte Abschluss des Abends. Tja, leider ist es so, dass wir doch einen oder zwei zuviel über den Durst trinken und ich bin – als wir irgendwann gegen drei Uhr morgens das Lokal verlassen - doch etwas angeschwipst. Mein Bester nimmt mich am Ärmel und raunt mir ein „soll ich ihn bitten, dass er dich heimbringt?“ ins Ohr. Das Angebot ist verlockend, aber irgendwie stelle ich mir die erste gemeinsame Nacht etwas romantischer vor als betrunken nebeneinander einzuschlafen. Und außerdem: wer hetzt mich? Ich habe doch unendlich viel Zeit... Also nein, danke schön. Ich lasse mich aber von meinem Angebeteten zum Taxi bringen, und da ich doch etwas schwanke beim Gehen legt er auch den Arm um mich und küsst mich zum Abschied zart auf die Wange. Hach, fliegen könnte ich vor Glück... Ich steige in das Taxi und nenne dem Fahrer meine Adresse. Der Fahrer – taktvoll wie alle Wiener Taxifahrer – fragt „und, der Herr kommt nicht mit?“ Ich schlucke kurz meine aufwallende Mordlust runter, schicke ein Stoßgebet „bitte mach, dass er das jetzt nicht gehört hat“ gen Himmel und knurre „nein, der Herr kommt nicht mit“. In Gedanken beende ich den Satz mit „heute nicht, aber das nächste Mal“.

Das Universum hat es aber anders mit mir gemeint. Wir haben uns zwar danach noch einige Male getroffen, aber die Stimmung war nie wieder so locker und so unverkrampft wie an diesem Abend nach dem Kino. Seitdem frage ich mich, ob es wohl ein Fehler war, dass ich mich an diesem Abend nicht heimbringen ließ. Dass ich die eine Chance, die mir das Universum gewährt hat, ungenützt verstreichen ließ. Dass er es wert gewesen wäre, meine Prinzipien über Bord zu werfen.

Ich werde wohl keine Antwort auf diese Fragen bekommen. Aber Fakt ist – ich bin ein braves Mädchen geblieben...

Montag, 30. April 2007

Unfaithful

Ist der Mensch monogam oder doch eher polygam veranlagt? Sind wir in Zeiten einer Scheidungsquote von +50 % dazu verdammt, immer wieder einen neuen Lebensabschnittspartner zu suchen, oder lohnt es sich noch, den Traum vom „miteinander alt werden“ zu träumen? Oder ist „Partnerschaft“ in Wahrheit ohnehin ein Auslaufmodell?

Eifersucht ist ein böses Wort. Und gerade in einer Beziehung bemüht man sich ja redlich, dem Partner zu vertrauen, aber dennoch: irgendwo, im hintersten Eck des Herzens, da lodert eine kleine grüne Flamme. Eifersucht ist die unbewältigte Angst vor Verlust, und wenn wir ehrlich sind, müssen wir wohl zugeben, dass jeder irgendwo eine Angst hegt: die Angst, dass der Partner einen nicht mehr attraktiv findet, die Angst, dass man sich auseinander entwickelt oder schlichtweg die Angst, dass der Andere doch dazu neigt, seinen Genpool möglichst breit zu verstreuen.

„Was kann einem Mann besseres passieren als eine Frau? – Zwei Frauen...“ – ein Satz, der sehr viel Wahrheit enthält. Ich persönlich bin Anhängerin der Monogamie. Und doch musste ich mir diese Lebenseinstellung mühsam erarbeiten, denn auch ich war schon einmal „die andere Frau“. Wobei mir zum Glück ein Schicksal der „anderen Frau“ erspart geblieben ist: ich habe nie darauf gehofft, dass er wegen mir seine Frau verlässt. Ich musste das auch nicht, weil dann hätte ich mir überlegen müssen, ob ich wohl auch meinen Partner für ihn verlassen würde. Es war also von vornherein klar, dass es zwischen uns nur eine Affäre werden würde.

Affäre – auch so ein hässliches Wort, das Verrat und Betrug schon in sich birgt. Und doch war es eine Erfahrung, die ich wohl in meinem Leben machen musste, einfach, um zu wissen, dass ich diese Erfahrung nicht mehr wiederholen möchte. Ich bin nicht stolz auf das, was ich damals getan habe, auch wenn ich weiß, dass zum Fremdgehen immer zwei gehören.

Es führen aber nicht immer die gleichen Gründe zu einem Seitensprung. Warum habe ich damals meinen Partner betrogen? Nun, wir waren schon seit Ewigkeiten zusammen, haben uns aber als Paar nicht wirklich weiter entwickelt. Die Beziehung hat schon einige Zeit vor sich hin gekränkelt, wir haben aber nicht daran gearbeitet, sondern haben sie „laufen gelassen“. Und ich weiß auch, dass mein Ex mich in dieser Zeit betrogen hatte, also hatte ich ihm gegenüber nicht mal schlechtes Gewissen. Mein G’spusi damals hat wohl in die Kategorie „nach außen hin unglücklich verheiratet und auf der Suche nach Trost“ gezählt. Seine Frau schläft nicht mehr mit ihm, scheiden lassen will er sich aber auch nicht, wo sie doch schon so lange zusammen sind, blablabla... Mir waren seine Gründe damals egal – ich habe es genossen, dass sich ein anderer Mann für mich interessiert und mir das Gefühl gegeben hat, dass ich sexy und begehrt bin. Ich habe mir die Anerkennung, die ich in meiner Beziehung nicht bekommen habe, auswärts gesucht. Und ich habe diese Anerkennung bekommen, aber um welchen Preis? Nun, mein Ex ist mir nie dahinter gekommen, dass ich ihn damals betrogen habe. Ein halbes Jahr, nachdem ich meine Affäre beendet habe, hat auch unsere Beziehung geendet. Heute weiß ich, dass ich diese Beziehung schon viel früher hätte beenden müssen, denn ich habe für mich die Lektion gelernt, dass ich in einer glücklichen Beziehung niemals fremdgegangen wäre. Schuldgefühle? Ja, die habe ich immer noch. Und zwar gegenüber der betrogenen Ehefrau – die paar Mal, wo ich sie gesehen habe, konnte ich ihr nicht in die Augen sehen, so sehr hat mich mein Gewissen geplagt. Mein Gewissen wird aber nicht erleichtert werden, denn um Vergebung kann ich sie wohl auch nicht bitten. Ich bin um eine Erfahrung reicher geworden und weiß nun, dass ich in Zukunft immer meinen Beziehungsstatus überdenken werde, wenn mich die Lust auf ein Abenteuer überkommt. Und natürlich, dass ich ab jetzt die Finger von einem verheirateten Mann lassen werde.

Und das seit letzter Woche mit gutem Grund, hat doch der oberste Gerichtshof entschieden, dass eine betrogene Ehefrau bei der Geliebten die Kosten für den Detektiv einklagen kann. Ein beunruhigendes Erkenntnis des OGH, denn seitdem frage ich mich zwei Dinge: erstens, wann verjährt die Einklagbarkeit? Und zweitens, was ist, wenn der Mann seiner Geliebten verheimlicht, dass er verheiratet ist? Gilt auch hier der alte Juristenspruch „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht?“. Und vor allem: was betrachtet die Justiz als Ehebruch? Ist es auch dann schon Ehebruch, wenn der Ehemann die Geliebte in der Wohnung besucht und mit ihr plaudert?

Tja, die Gretchenfrage: ab wann ist man untreu? Einige Leute haben da eine sehr breite Definition, wie der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, der felsenfest behauptet hat „I never had a sexual relationship with this person“. Andere sehen es als persönliche Untreue an, wenn man schon an einen anderen Mann/eine andere Frau denkt. Ich denke, man kann das nicht auf einen fixen Zeitpunkt festlegen, so nach dem Motto „bis dahin bin ich noch treu und erst, wenn ich diesen Punkt überschritten habe, bin ich untreu“. Meiner Meinung nach beginnt Untreue dort, wo das schale Gefühl im Hinterkopf auftaucht, dass das, was man da gerade tut, nicht ok ist. Dass man gerade dabei ist, die Vereinbarung, die man mit dem Partner getroffen hat, bricht.

Abgesehen davon hoffe ich, dass der Mensch in Wahrheit ein monogames Säugetier ist. Ich mag den – zugegeben naiven – Gedanken, dass da draußen jemand ist, der dazu bestimmt ist, mit mir alt zu werden, und dass wir in 50 Jahren gemeinsam im Beserlpark sitzen und uns drum streiten, wer die Tauben füttern darf.

Sonntag, 29. April 2007

Das Eva-Prinzip

Früher war das Leben einer Frau von den drei K’s – Kinder, Kirche, Küche – bestimmt. Da die Frau auf ihren Ehemann als Ernährer angewiesen war, gab es kaum Scheidungen und unglückliche Ehen wurden ausgesessen. Heutzutage stehen wir Frauen in jeder Lebenslage unseren Mann: wir sind gut ausgebildet, haben Top-Jobs, sind in der Lage, uns selbst zu ernähren – wir leben also in jedem Lebensbereich die Gleichberechtigung. Intelligente, unabhängige Frauen, die wissen, was sie wollen – man sollte annehmen, dass sich die Männer die Beine in den Bauch stehen, um bei unsereins zu landen. Und doch sind die Meisten dieser tollen Frauen Single – woran liegt’s?

Eva Herman hat diesen Trend schon vor uns allen erkannt: Frauen, zurück an den Herd! Nur, wenn wir uns auf unsere Bestimmung besinnen, nämlich Kinder in die Welt zu setzen und das Wohl des Mannes über unser Eigenes stellen, und selbstverständlich unsere eigene Karriere aufgeben, werden wir wahre Befriedigung im Leben finden.

Wenn ich solche Zeilen lese, steigt die Wut in mir hoch. Lieber Himmel, wo war diese Frau die vergangenen 20 Jahre? Und wird sie als Nächstes die Abschaffung des Frauenwahlrechtes propagieren? Frauen bekommen oft genug in ihrer Karriere die so genannte „gläserne Decke“ eingezogen. Eine Führungsposition für eine Mid-thirty? Naja, aber sie könnte ja immer noch schwanger werden – das ist zu unsicher, lieber doch einen Mann an ihre Stelle setzen. Der Kollege verdient um einiges mehr Geld für weniger Leistung? Was hindert sie daran, sich zu beschweren und eine Gehaltserhöhung zu verlangen? Wir bekommen oft genug Hindernisse vor die Beine geworfen, aber das Ganze dann noch von einer Geschlechtsgenossin? „Verrat“ rufen da viele und fordern vehement die Wiedereinführung des Scheiterhaufens.

Woher kommt aber diese Rivalität zwischen Männern und Frauen und – ja – auch zwischen Frauen und Frauen? Egal, wie viel wir leisten und wie viel wir lernen, es wird uns doch nie genug sein. Und selbst, wenn wir dann doch im Job Anerkennung finden, dann ist dann immer noch die große Frage: Kinder oder keine Kinder? Für uns Frauen wird es immer ein „entweder – oder“ sein, wohingegen bei Männern leicht ein „und“ steht. Wenn die Frau dann aber auch die Chuzpe hat und ein „und“ einfordert, ist sie sofort als „Rabenmutter“ verschrieen und ihre Kompetenz im Job wird in Zukunft auch oft in Frage gestellt. Zusätzlich wird die Frau von Schuldgefühlen zerfressen, weil sie auf beiden Fronten einen Kampf austrägt, aber auf keiner von beiden einen Sieg davontragen kann.

Aber lassen wir all die feministischen Ansätze mal außen vor – um dieses Problem kümmere ich mich, sobald ich ein anderes Problem beseitigt habe: ich bin topp ausgebildet, habe einen superinteressanten Job, verdiene genug Geld, um meine Schuhe selbst zu bezahlen, bin witzig und lustig und – single… Für mich stellt sich somit im Augenblick gar nicht die Frage: Kinder oder Karriere, schlichtweg, weil die letzte unbefleckte Empfängnis Gerüchten zufolge ein paar tausend Jahre her ist, und Gott sich sicher keine Agnostikerin aussuchen würde, um seine Nachkommen in die Welt zu setzen.

Wo ist also das Problem? Wo bekommt man die Männer her? Ich denke, eines meiner Kernprobleme ist mit Sicherheit eines: ich bin wählerisch. Und zwar sehr wählerisch. Weniger, weil ich verlange, dass McDreamy unglaublich gut aussieht und super sexy ist, sondern weil ich den Anspruch erhebe, mich mit ihm über meinen Job unterhalten zu können und er – auch wenn er es vielleicht nicht 100%ig versteht – er dennoch Verständnis dafür aufbringen muss, wenn ich am Abend geschlaucht nachhause komme, und mir nicht ein „ich versteh nicht, was du hast – du hast doch eh nur den ganzen Tag hinter’m Computer gesessen…“ entgegenschleudert. Nun sollte man meinen, dass ein ebenso gut ausgebildeter Mann perfekt zu mir passen müsste. Und Wien ist schließlich auch eine Universitätsstadt – das sollte also kein wirkliches Problem sein.

Tja, aber irgendwie scheint mir, als ob die Männer, die ebenso gut wie ich ausgebildet sind, jemanden suchen, der zu ihnen aufsieht und der ein kleines Bisschen ihr Ego streichelt. Womit sie bei mir wieder zu 100% an die Falsche geraten, denn ich mache vor niemanden den Kotau, wenn er genauso viel leistet wie ich – vor mir kniet schließlich auch niemand und huldigt mir. Tja, und die Netten, die damit anscheinend kein Problem hätten, dürften für die nächste Zeit (oder bis zur ersten Scheidung) vom Markt sein.

Verlieren wir mit guter Ausbildung und tollen Jobs die Art von Unschuld, die notwendig ist, um sich einen tollen Mann zu krallen? Es ist fast so, wie es einst einer anderen Namensvetterin von Frau Herman ergangen ist: jene Eva, die einst im Paradies vom verbotenen Apfel der Erkenntnis genascht hat und die für ihre Wissbegierde aus dem Paradies vertrieben wurde und mit dem Fluch „unter Schmerzen sollst du Kinder gebären“ belegt wurde. Auch die wurde dafür bestraft, dass sie im Leben weiter kommen wollte…

Sonntag, 22. April 2007

Feldforschung

Es gibt viele Dinge, die Männer an uns Frauen nicht verstehen: wann bedeutet ein „nein“ tatsächlich „nein“, was befindet sich in unseren Handtaschen und warum gehen Frauen immer zu zweit auf die Toilette? Umgekehrt ist es aber genauso: wir Frauen verstehen Männer genauso wenig und ich als Singlefrau hab mir quasi das Ziel gesetzt, die Männer bis ins Innerste zu ergründen. Also de facto eine Art Sexualanthropologin, die stets auf der Suche nach einem lohnenden Forschungsobjekt ist. Diesen Freitag wurde mein Horizont beträchtlich erweitert…

Freitagabend, und nichts vor. Ich beschließe also, die Woche auf „g’miatlich“ ausklingen zu lassen, was soviel heißt wie: zwei Stunden mit HTML-Tags verbringen, um die Homepage zu verhübschen und danach vor der Glotze versumpern. Herrlich! Kurz nach sieben Uhr klingelt mein Handy – Ulrich dran. „Hey, was machst grad?“ – Gar nix, warum? – „Das hab ich ma gedacht, hüpf unter die Dusche, zieh da was an und kumm’ her, wir sitzen in dem Schottischen Pub in der Billrothstraße.“ Ähm, wer ist ‚wir’? „Nun ja, meine Wenigkeit, dann noch Steve und Kristof – schau, dass’t in die Gänge kommst und in einer Stunde bist du da!“. Ok, da ich ohnehin nichts Besseres vor habe… Ich überlege kurz, was ich anziehen soll – ein Haufen Jungs und ich bin nicht sicher, ob sie noch andere Mädels angerufen haben – also lieber nicht zu sexy und tief ausgeschnitten. Gut, sie werden mir sicher auf die Brust starren, aber ich kann zumindest verhindern, dass sie in mein Dekollete hineinfallen und ich mühsam ihre Blicke wieder 20 cm weiter nach oben lavieren muss. Also eher züchtig. Ich entscheide mich für Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit Speisekartenaufdruck, schminke mich noch und werfe mich ins Auto – allzu lang will ich ohnehin nicht wegbleiben.

Pünktlich um 8 Uhr bin ich im Pub und lasse mich neben Ulrich in einen bequemen Sessel fallen. Ulrich stellt mich der Runde vor, es sind zwei Steves, einer klein und blond, einer groß und dunkelhaarig, und Kristof. In den ersten Minuten versuche ich mich zu orientieren, worum sich das Gespräch dreht. Ah ja, Frauen. Der kleine Steve schwärmt gerade davon, dass er in drei Frauen verliebt ist und dass ihm die Entscheidung so wahnsinnig schwer fällt – aber die drei rennen ihm ja quasi die Türe ein. Eine Brasilianerin, eine Chinesin und eine Thailänderin. Ich flüstere Ulrich zu „alles klar, die drei sind definitiv an einer Aufenthaltsbewilligung interessiert“ und Ulrich beginnt zu kichern. So weit, so gut, meine latente Boshaftigkeit ist langsam aufgewärmt.

Steve schwärmt weiter von den Mädels und ihren Massagefähigkeiten. Massage in Kombination mit Asiatinnen… ich überlege. Vor mehr als zwei Monaten habe ich Ulrich mit seiner damaligen Freundin getroffen und er hat mir von einem Steve erzählt, der an diesem Abend auch vorbei kommen sollte, wobei ich es da etwas schwierig hätte, weil der nur auf Asiatinnen steht… Mir dämmert also, dass der kleine blonde Steve neben mir besagter Steve vom Februar sein könnte, und ich frage Ulrich „Sag, ist das der Steve, von dem du mir im Februar erzählt hast, der nur auf Asiatinnen steht?“ Die Jungs am Tisch beginnen zu lachen und Steve echauffiert sich „Ey, dude, das hab ich dir damals im Vertrauen erzählt, und du Wappler erzählst das überall herum? Wos is, hör ich die G’schichte auch morgen bei Ö3?“. Die Runde lacht noch mehr, und mir wird klar, dass ich mir soeben den Titel „Miststück des Tages“ mühsam erobert habe. Ich stelle aber fest, dass mich das nicht mal so stört und genieße es, einmal die bitch zu sein. Der große Steve lacht mich an und meint „Hot and spicy, du bist schon ok!“ Ähm, hot and what? Ich blicke auf mein Shirt hinunter „Hot and spicy. Todays special Chili chicken and one Margharita for $ 6,40“. Ok, zwei Fragen hätte ich somit erfolgreich beantwortet. Erstens: wie werden mich die Jungs wohl nennen - einfach "Julia", oder cool "Juli", altmodisch "Julchen" oder bekomme ich doch einen richtigen Indianernamen verpasst? Und zweitens: ob sie mir wohl auf die Brust starren würden…?

Die Unterhaltung nimmt weiter ihren Lauf, und ich stelle fest, dass die Jungs von der Tatsache, dass eine Frau am Tisch sitzt, gänzlich unbeeindruckt sind: Swingerclubs, one-night-stands und die Frage, ob das Hotel Orient nun ein Stundenhotel ist oder nicht – das Niveau ist so tief, dass es nicht mehr weiter sinken kann. Einerseits finde ich es aus sexualanthropologischer Sicht sehr interessant herauszufinden, was in Männerrunden so gesprochen wird. Andererseits: es ist too much information, oder auf gut deutsch gesagt: so genau wollt’ ich’s gar net wissen. Während Frauen einen Mann dann in ihr Beuteschema einreihen, wenn er witzig ist, clever ist, Charme hat und gut aussieht, reicht es den Männern dieser Runde, wenn eine Vagina vorhanden ist und das Mädl willig ist. Meine Illusionen sind endgültig zerstört und ich bin mir sicher, dass der kleine Steve, würde ich ihn anlächeln und sagen „Wanna fuck?“ mitkäme, weniger, weil er mich so interessant findet und in mir die potentielle Liebe seines Lebens wittert, sondern viel mehr, weil ich einfach grad da bin und willig bin…

Der Abend raubt mir den letzten Funken Romantik, den ich mir noch bewahrt habe, und ich bedaure insgeheim, dass ich mit dem Auto gekommen bin – die Unterhaltung wäre mit sehr viel Tequila viel leichter zu ertragen gewesen. Männergespräche… in dieser Nacht habe ich diesbezüglich meine Unschuld verloren, das ist wohl der Preis, den Männerforscherinnen zahlen müssen…

Donnerstag, 19. April 2007

Wiener Blut

Wien ist … anders. Das ist Allgemeinwissen, und man kann es sogar bei jeder Stadteinfahrt in großen Lettern lesen. Ja, wir haben Stephansdom und Riesenrad, Lippizaner und Sängerknaben, der Wiener neigt zum Granteln und Matschgern, außer, er hat genügend Wein vom Heurigen intus – dann wird ihm oft ein „goldenes Wienerherz“ unterstellt. Aber wie „anders“ ist Wien wirklich?

Im ORF gab es die Kultsendung „Alltagsg’schichten“ von Elisabeth T. Spira. Ich schreibe deshalb „gab“, weil ich mir nicht sicher bin, ob dieses Unikat die Programmreform von Herrn Wrabetz überlebt hat. Einmal pro Monat saß man vor dem Bildschirm, hat sich über die Typen schief gelacht, die Frau Spira da aufgetrieben hat und hat sich königlich über alle Klischees amüsiert, die da am laufenden Band gedroschen wurden. Ich hab mir immer die Frage gestellt „wo treibt sie nur diese Gestalten auf?“ und bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass der ORF mit Sicherheit ein Casting veranstaltet – ich weigerte mich zu glauben, dass Wien wirklich so „anders“ ist.

Mittlerweilen weiß ich, dass Frau Spira lediglich mit sehr offenen Augen und Ohren durch die Stadt geht und einfach alle einsammelt, die da so ihren Weg kreuzen. Es ist unglaublich, was einem in dieser Stadt alles passieren kann…

Eines Abends beschließen meine Freundin Caro und ich, dass wir den Wiener Kinos wieder etwas Gutes tun müssen – in Zeiten von Raubkopien und Internetdownload muss der Film wieder unterstützt werden, und wir tun das, indem wir zwei ziemlich happige Eintrittskarten im Village in Wien-Landstraße für den Film „Die Fälscher“ kaufen. Meine Freundin Caro hat beim Kino-gehen eine Eigenheit – sie will immer am Rand sitzen. Sie selbst begründet ihren Wunsch damit, dass in jedem von uns ein kleiner Monk steckt und dass sie einfach nur einen Wahnsinnigen (damit sind in der Regel wir anderen Mädels gemeint) neben sich sitzen haben möchte. Auftragsgemäß reserviere ich also online zwei Randkarten, wobei ich mich noch über den etwas eigenartig aussehenden Sitzplan wundere – es fehlen teilweise Plätze. Aber ich denke mir nichts dabei und clicke einfach in der letzten Reihe die beiden Randplätze an.

Als wir den großen Premierensaal betreten, stellen wir fest „es sind keine Randplätze, sie liegen zwei Plätze daneben“. Caro wirft mir böse Blicke zu. Ich versuche sie zu beschwichtigen „na ja, vielleicht wurden die Plätze ohnehin nicht verkauft. Oder vielleicht können wir ja später tauschen“. Und einige Zeitlang setzt sich wirklich niemand hin – ich beginne zu hoffen, dass sie frei bleiben. Leider wird meine Hoffnung recht rasch enttäuscht, und ein Austro-Afrikaner (mit sehr kurzer Hose und Damenhandtasche am Arm) fragt, ob er sich setzen kann. Wir erwidern „wenn sie eine Karte haben, können sie sich auf alle Fälle setzen“ – Caro funkelt mich wütend an und ich versuche, das Positive in dieser Situation zu entdecken „schau, der sitzt alleine – der eine Platz neben dir ist somit sicher nicht verkauft“. Einige Minuten später kommt eine ältere Dame und bittet den Austro-Afrikaner, sich wo anders hinzusetzen, da dies ihr Platz sei. Der Mann räumt mit einigen Entschuldigungen den Platz und setzt sich auf einen anderen Sitz. Caro und ich schauen uns an und denken uns „ok, der scheint offensichtlich keine Eintrittskarte für diesen Film zu haben“. Kurze Zeit später kommt die Begleitung der älteren Dame – nämlich ein älterer Herr – und gesellt sich zu seiner Frau. Caro funkelt mich immer noch wütend an, ich murmle ein leises „mea culpa“ und gelobe Besserung.

Nach einigen Minuten kommt eine andere Frau, die unseren Austro-Afrikaner von seinem Platz vertreiben möchte. Diesmal findet er jedoch, dass er ein Recht hat, auf diesem Platz zu sitzen und beschwert sich lauthals. Die Frau kommt zu uns und meint „können sie kurz auf meine Handtasche aufpassen, ich geh’ jemanden von der Security holen“. Warum nimmt sie ihre Handtasche nicht einfach mit? Naja, man muss nicht alles verstehen im Leben. Die Security erscheint und unter lautstarkem Protest wird der Austro-Afrikaner des Saales verwiesen.

Das Fiese an dem großen Premierensaal ist die Tatsache, dass er zwei Eingänge hat. Kaum, dass der Störenfried bei der einen Türe raus gegangen ist, kommt er schon wieder bei der anderen Türe herein und sucht sich ein Plätzchen. Und immer wieder kommt die Security und schmeißt ihn raus – immer sehr lautstark, und langsam verdichtet sich der Eindruck, als ob unser Freund auch geistig etwas beeinträchtigt ist. Der Film läuft schon einige Zeit, und die Security spielt weiterhin „Hasch mich“ mit dem Mann.

Einige Minuten später kommt ein Sprecher des Kinos in den Saal und baut sich mit den Worten „wir müssen den Film kurz anhalten, wir haben hier ein Problem“ vor dem Publikum auf. Der ältere Mann neben Caro macht seiner Empörung Luft „dann ruft’ doch einer endlich mal die Polizei!“. Der Kinosprecher entgegnet „ja, die Polizei ist schon im Haus und ist gerade dabei, die Amtshandlung zu vollziehen“. Woraufhin der alte Mann mit den Worten „das will ich sehen, das interessiert mich jetzt“ aufspringt, denn „der Störenfried ist sicher ein Neo-Nazi!“. Caro sieht mich an und ich sehe Caro an. Was ist unserem Sitznachbarn entgangen? Der Störenfried hat schwarze Hautfarbe, der ist mit Sicherheit alles, bloß kein Neo-Nazi… Seine Frau sieht uns an, meint „entschuldigen sie mich, ich muss schauen, was mein Mann macht“ und gesellt sich zu ihrem Ehegespons, der mittlerweile interessiert der Amtshandlung der Wiener Polizei beiwohnt. Ich frage mich, ob ich wohl im richtigen Film sitze. Caro schaut mich an und knurrt „jetzt weißt du, warum ich immer am Rand sitzen möchte…“. Ja, eh….

Nach einigen Minuten ist die Polizei mitsamt dem Störenfried wieder aus dem Saal verschwunden und der Film läuft wieder an. Unsere Sitznachbarn kommen auch wieder zurück und beginnen lautstark zu diskutieren, was sie gerade erlebt haben. Caro pfaucht lediglich „wenn sie das jetzt unbedingt diskutieren müssen, dann machen sie das gefälligst draußen – ich möchte diesen Film jetzt sehen!“ und das ältere Ehepaar hält endlich den Mund.

Ich grüble während des gesamten Filmes, was ich eigentlich absurder finde. Die Tatsache, dass sich ein geistig verwirrter Mann in ein Kino geschlichen hat und sich im letzten Winkerl einen Film ansehen wollte (wenn sie ihn dort sitzen hätten lassen, wäre alles sicher viel ruhiger abgelaufen)? Nein, ich stelle fest, dass mich das nicht erschüttern kann. Befremdlich finde ich lediglich die Sensationslust unserer Sitznachbarn, die offensichtlich darüber enttäuscht waren, dass der vermeintliche Neo-Nazi nicht aus dem Saal geprügelt worden ist. Goldenes Wienerherz? Dass ich nicht lache…

Sonntag, 15. April 2007

Harry und Sally

Es ist die berühmte Gretchenfrage: können Frauen und Männer miteinander befreundet sein? Oder ist es so, wie Harry sagt „Männer und Frauen können nie Freunde werden – der Sex kommt ihnen immer dazwischen.“? Kommen wir nur dann mit dem „Feind“ aus, wenn wir das Bett mit ihm teilen? Und wie kommt es dazu?

Freundschaft – ein schönes Wort (auch wenn es manchmal etwas parteipolitisch angehaucht sein mag), das zwei Menschen miteinander verbindet. Manchmal durch den Satz „lass uns Freunde sein“ herbeigeführt, manchmal entsteht Freundschaft aber auch, ohne dass man sie dem Anderen vorschlagen muss. Ich überlege oft, ob ich mit einem Mann auf die gleiche Art und Weise befreundet sein kann wie mit einer Frau, dass ich mit ihm über alles reden kann, mit ihm über alles lachen, mich auch vor ihm lächerlich machen kann, ohne dass ich Angst haben muss, dass er das jemals gegen mich verwenden wird.

Wenn ich überlege, worüber ich mit meiner Freundin spreche – Beziehungskisten, Liebeskummer, aber auch banale Dinge wie Stress im Büro oder Menstruationsbeschwerden – das sind alles sehr intime Details meines Lebens. Das Wissen, das meine Freundin über mich hat, macht mich sehr verwundbar ihr gegenüber, und sie könnte mich, wenn es mir schlecht geht, mit einem einzigen Wort so sehr verletzen, dass ich mich wochenlang davon nicht mehr erholen würde. Trotzdem teile ich alle Geheimnisse meines Lebens mit ihr – weil ich ihr vertraue und weiß, dass sie ihr Wissen nie gegen mich verwenden würde und sie mich auch nicht dafür verurteilt, dass ich so bin, wie ich nun mal bin.

Wie ist das mit Männern? Nun, ich denke mir, wenn man als Frau mit einem schwulen Mann befreundet ist, dann könnte das in etwa die gleiche Art von Freundschaft sein, wie die zwischen zwei Frauen (nur für den Fall, dass hier ein schwuler Mann mitliest: ich bin immer noch auf der Suche nach dem schwulen Mann für’s Leben). Und es gibt eine Reihe von Männern, die ich in die Kategorie „gute Bekannte“ zähle, mit denen ich aber nie mehr als den üblichen Small-talk betreibe. Kann ein heterosexueller Mann mit einer Frau rein platonisch befreundet sein?

Früher war meine Meinung: ja, klar, Männer und Frauen können „nur so“ befreundet sein, ohne Hintergedanken, ohne Sex. Und ich hatte einen besten Freund, der so ziemlich alles über mich wusste, was es über mich zu wissen gab. Ich liebe meine Freunde aufrichtig, aber in diesem Fall – ich gebe es zu – war ich auch ein kleines Bisschen in den Mann verliebt. Eines Tages kam es, wie es kommen musste – wir landeten im Bett. Nach einiger Zeit haben wir kapiert, dass es mit uns nicht funktioniert, und wir haben wieder versucht „nur Freunde“ zu sein.

Die Sache mit dem Sex ist die: einmal geschehen kann man ihn nicht mehr rückgängig machen. Auch, wenn man es sich noch so sehr wünschen mag. Und es mag nun niemanden überraschen, dass mein damaliger bester Freund und ich nie wieder dasselbe Vertrauen zueinander aufbauen konnten, wie wir es hatten, bevor es passiert ist. Zusätzlich hat er mein Vertrauen ziemlich missbraucht und ich habe das getan, was ich in solchen Situationen gerne mache: ich bin spurlos aus seinem Leben verschwunden.

Nach dieser Geschichte war ich mit Harry einer Meinung: Männer und Frauen können nicht miteinander befreundet sein. Never – no way, sir! Eines Tages kreuzt aber ein anderer Singlemann meinen Weg. Und es war so, dass da von Anfang an eine besondere Beziehung zwischen uns war. Wir haben gegenseitig Daumen gedrückt, wenn der Andere ein Date hatte, haben uns getröstet, wenn der Andere Liebeskummer hatte oder wieder mal abgeblitzt ist. Er hat mir Einblicke in die Denkweise von Männern gewährt, ich hab ihm dafür verraten, wie wir Frauen ticken. Haben wir je darüber nachgedacht, ob aus uns ein Paar werden könnte? Ja, ich geb’s zu, ich habe ein paar Minuten darüber nachgedacht (und ich bin mir sicher, dass er es auch getan hat), wir haben sogar darüber gesprochen, wie es wäre, wenn wir uns offiziell daten würden. Wir sind dann aber auch ziemlich unisono zu dem Schluss gekommen, dass das keine gute Idee wäre. Und da wir einander so gut gekannt haben, hatte dieses Gespräch auch nichts Peinliches an sich – im Gegenteil, es hat das Vertrauen zwischen uns sogar noch mehr gefestigt. Und als er mir dann vor einigen Monaten erzählt hat, dass er die perfekte Frau gefunden hat, hab ich mich für ihn wie ein Schneekönig gefreut.

Wie ist es aber, wenn ein gewisses erotisches Knistern besteht, und dann der Satz fällt „können wir Freunde sein?“ – kann das funktionieren? Nun, in diesem Fall bin ich sehr skeptisch… In diesem Szenario muss zumindest Einer von Beiden einen ausgeprägten Hang zum Masochismus haben. Oder kann es sein, dass das Universum den Geduldigen belohnt? Dass man, wenn man nur hartnäckig genug dran bleibt, sich immer wieder zum Idioten macht und laufend auf die Schnauze fällt, am Ende doch belohnt wird und man dann glücklich und zufrieden bis ans Ende seiner Tage lebt?

Wenn man Harry und Sally glauben mag, dann wird es wohl so sein. Sie haben das mit der Freundschaft nämlich auch nicht geschafft – sie haben sich ineinander verliebt und haben geheiratet – 12 Jahre, nachdem sie einander kennen gelernt haben. Puh, in diesem Fall hoffe ich inständig, dass ich nicht noch 10 Jahre warten muss…

Und zum Abschluss noch ein paar Worte an ihn, meinen besten Freund, der in dieser Sekunde genau weiß, dass er gemeint ist: Schätzchen, ich hab dich lieb, so wie du bist, und ich bin froh, dass du ein wichtiger Teil meines Lebens bist… Und ich freu mich so, dass du mit deiner Prinzessin so glücklich bist.

Dienstag, 10. April 2007

Zweierbeziehung

Singleprofile durchlesen macht Spaß. Besonders witzig ist immer die berühmt-berüchtigte Insel-Frage „Welche drei Dinge würdest du auf die berühmte Insel mitnehmen?“. Besonders amüsant finde ich immer die Tatsache, dass 95 % aller männlichen User diese Frage mit „Dich“ beantworten. Zwei Dinge, liebe Männer: zum Ersten sind Frauen keine Dinge, sondern Lebewesen, und zum Zweiten: habt ihr uns überhaupt gefragt, ob wir mit euch auf eine einsame Insel wollen? Worauf kann man reduziert werden, was benötigt der moderne Mensch zum Überleben. Mir ist am Karsamstag um 18:15 Uhr eine Antwort auf diese Frage eingefallen: ich nehme meinen Fernseher auf die Insel mit…

Ich muss sagen, ich bin ein Gewohnheitstier, vor allem, wenn elektrische oder elektronische Geräte betroffen sind. Ich mag es, wenn ich für alle Knöpfe der Fernbedienung Verwendung finde, wenn ich weiß, wo welcher Sender gespeichert ist – einfach, wenn ich heim komme, aufs Knöpfchen drücken und alles funktioniert wie gewohnt. Das ist der Traum des Gewohnheitstieres…

Vor einiger Zeit habe ich bemerkt, dass mein Liebling im Hochfrequenzbereich zu pfeifen beginnt. Hohes Pfeifen ist bei elektrischen Geräten immer besorgniserregend, vor allem, wenn das besagte Gerät schon ein gutes Jahrzehnt am Buckel hat. Na gut, der Fernseher pfeift, ich kann an dieser Tatsache nichts ändern und ich beginne mich langsam an den Gedanken zu gewöhnen, dass mir und meinem Liebling wohl nicht mehr allzu viel Zeit miteinander vergönnt sein wird. Aber nicht heute – vielleicht kann ich den Abschied noch ein bisschen hinauszögern, vielleicht so zwei, drei Jahre…

Das Universum mit seinem unnachahmlichen Humor hat es aber anders beschlossen, und am Karsamstag, dem Tag, an dem die Christen Auferstehung feiern, beschließt mein Fernseher, dass er über den Jordan gehen möchte, dem Licht entgegen, ins Nirwana… Natürlich um 18:15 Uhr, was soviel heißt wie: der Ladenschluss war schon, ich habe die nächsten Tage keine Möglichkeit, ein Ersatzgerät zu organisieren - das lange Wochenende wird somit sehr lang werden… Und meinen Plan vom perfekten Osterwochenende – den 2. Teil der 2. Staffel von Grey’s Anatomy in der englischen Originalfassung anschauen und McDreamy anschmachten – kann ich mir in blasslila aufzeichnen.

Aber nicht nur, dass mein Fernseher kaputt geworden ist, wenn sich das Universum gegen mich verschwört, dann tut es das mit einer gewissen Gründlichkeit: in dem Haus, in dem ich wohne, hat der Aufzug beschlossen, es meinem Fernseher gleich zu tun. Dumm für mich, da ich im 5. Stock wohne. Und es mir somit 2 Mal überlege, ob ich etwas daheim vergesse, denn zurücklaufen ist nicht drin. Mit einer Freundin in die Nachtvorstellung ins Kino gehen? Ja, super, aber um Mitternacht 5 Stöcke nach oben keuchen? Nein, dann doch lieber daheim bleiben…

So, was machen wir also schönes? Es ist natürlich genauso, wie wenn man sagt „nur nicht an einen rosa Elefanten denken!“ – wenn der Fernseher nicht funktioniert, was will man tun? Eh klar… Aber mit der Not steigt die Kreativität, und an mir ist beinahe ein McGyver verloren gegangen. Gut, McGyver hätte die defekte Bildröhre mit einem Kaugummi, einem Schuhband und einem Schweizer Messer geflickt. Ich begnüge mich damit, dass ich das Schlafzimmer, wo der Computer (mit DVD-Laufwerk!!!) steht, soweit umbaue, dass ich mich auf einen Kuschelsessel zusammenfalten kann und mir die geplanten DVD’s reinziehen kann. Ein Erlebnis der etwas anderen Art, vor allem, wenn die Katzen draufkommen, dass das eigentlich ihr Sessel ist und lautstark ihre Eigentumsrechte geltend machen. Es ist meilenweit von dem Fernseherlebnis entfernt, das ich geplant hatte, aber in der Not frisst der Teufel die Wurst bekanntlich auch ohne Brot…

Irgendwie überstehe ich dieses lange Wochenende, aber wie wird es weitergehen? Nun ja, ich werde wohl zähneknirschend einen neuen Fernseher kaufen. Und dann? Nun, ich bin kein Technik-Freak. Nicht, dass ich es nicht könnte. Ich bin durchaus in der Lage, einen Fernseher aufzustellen, ihn mit DVD-Player, Videorekorder und Stereoanlage zu verkabeln und den Sendesuchlauf durchlaufen zu lassen. Aber es interessiert mich nicht. Ich habe kein befriedigendes Erfolgserlebnis, wenn ich nach 4 Stunden endlich die Sender wieder in der gewohnten Reihenfolge geschlichtet habe – ich gebe zu, das liegt mit Sicherheit am fehlenden Y-Chromosom. Ich mag, dass ich das Kast’l einschalte und alles funktioniert wie gewohnt.

Vor allem möchte ich aber, dass da ein Mann ist, der mich anlächelt und sagt „Süße, setz’ dich hin, ich mach das schon!“. Und ich bin dann diejenige, die die Kabel schlichtet, die Bedienungsumleitung umblättert, zur Unterstützung ein Bier holt und ihn in seiner Meinung bestärkt, dass die Bedienungsanleitung auf koreanisch verfasst wurde, danach auf Suaheli, Mandarin und Nordkirgisisch übersetzt wurde, bevor ein Übersetzungsprogramm einige deutsche Worte nach dem Zufallsprinzip auf dem Papier verteilt hat. Am Schluss streiten wir dann, wer als erstes die Fernbedienung drücken darf und kuscheln uns auf dem Sofa zusammen und genießen das neue Fernsehvergnügen. Ja, so würde Fernseher aufbauen richtig Spaß machen…

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